Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität
Als
Folge der Weltkriege verlor im 20. Jahrhundert eine ungeheure Anzahl
von Menschen ihr Leben. Viele litten unter totalitären Diktaturen,
wurden Opfer von Ausgrenzung und Unterdrückung, mussten fliehen oder
wurden aus ihrer Heimat vertrieben – wer Widerstand leistete, setzte
nicht selten sein Leben aufs Spiel. Die Erinnerungen der Europäer an
dieses Jahrhundert sind zum Teil ähnlich kontrovers wie die historischen
Erfahrungen. Die verschiedenen Narrative zu erfassen und sie
miteinander zu verbinden, stärkt das Zusammenleben in Europa.
Das
ENRS hat die Aufgabe der gemeinsamen, vom Gedanken der Versöhnung
getragenen Analyse, Dokumentation und Vermittlung des Wissens über die
Vergangenheit. „Europäisches Erinnern" soll nicht die
Geschichtsdarstellung vereinheitlichen, sondern die Vielzahl der
Perspektiven deutlich machen und zum solidarischen Austausch über die
gemeinsame Vergangenheit anregen.
Das ENRS wird gemeinsam von den
Kulturministern Deutschlands, Polens, der Slowakei, Ungarns und
Rumäniens geleitet – es ist auf Erweiterung durch weitere
Mitgliedsländer angelegt. Das BKGE hat bei der Gründung des ENRS 2004
mitgewirkt, ist an seiner Koordination beteiligt und wissenschaftlicher
Kooperationspartner.
Broschüre des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität
Erklärung zur Gründung des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität (ENRS) von 2005
Kontakt: Helena Link und Dr. Burkhard Olschowsky
Laufende Projekte
Logo des Symposiums "Reconciliation: a Long and Winding Path" 2022
Reconciliation: a Long and Winding Path
X. Tagung von Institutionen zur Erforschung und Vermittlung der Geschichte des 20. Jahrhunderts
Das
Symposium „Europäische Erinnerung" versammelt jedes Jahr in wechselnden
europäischen Städten Vertreter von Institutionen und Organisationen,
die sich mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen. Es
wurde im Jahr 2012 vom Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität
ins Leben gerufen und feiert in diesem Jahr ein Jubiläum. Das 10.
Symposium „Europäischer Erinnerung" findet vom 01.-03. Juni 2022 in
Dublin statt und wird gemeinsam mit dem Glencree Centre for Peace and
Reconciliation organisiert, einer internationalen Organisation
spezialisiert auf Konfliktlösung und die Verbreitung des Konzepts des
dauerhaften Friedens. Institutionen und interessierte Personen können
sich von jetzt an zur Teilnahme für das Symposium anmelden.
Das Ziel
des jährlich stattfindenden internationalen Symposiums ist es, eine
Zusammenarbeit zwischen Institutionen und Organisationen zu initiieren
und zu vertiefen, die sich der Erforschung und Vermittlung der
europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts widmen. Die Idee dazu ergab
sich aus der Überzeugung, dass ein europäischer Dialog über die
Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts erforderlich ist – unter
Berücksichtigung verschiedener Narrative, Sensibilitäten, Erfahrungen
und Geschichtsbilder.
In diesem Jahr kommen Wissenschaftler und Praktiker aus verschiedenen
Ländern in Dublin zusammen, um über die Bedeutung und die Rolle der
Versöhnung im Zusammenhang mit vergangenen und gegenwärtigen Konflikten
zu diskutieren – seien diese nun internationaler oder interner Natur.
Ausgangspunkt der Diskussionen werden dabei die irischen Erfahrungen
sein, unter anderem vor dem Hintergrund des 100. Jahrestages des
Ausbruchs des irischen Bürgerkrieges 1922-2022.
Ein schwieriger
Kontext für die geplanten Diskussionen über die Geschichte der
Versöhnung ist der sich vor unseren Augen abspielende Krieg in der
Ukraine, der sicherlich ein wichtiger Bezugspunkt der Gespräche während
des Symposiums sein wird.
Ihre Teilnahme an der Veranstaltung in Dublin bestätigt haben u. a. Prof. Donald Bloxham von der Universität Edinburgh, Dr. Piotr Cywiński – Direktor des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, Prof. Yaroslav Hrytsak von der Ukrainischen Katholischen Universität, Prof. Monica McWilliams von der Universität Ulster, Prof. Valérie Rosoux von der Universität Löwen und Prof. Peter Shirlow von der Universität Liverpool.
Zur Teilnahme am Symposium möchten wir sowohl Historiker als auch Vertreter von Museen und Gedenkstätten, Mitarbeiter/innen von Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie von Nichtregierungsorganisationen zur Aufarbeitung der Geschichte des 20. Jahrhunderts einladen. Während der dreitägigen Veranstaltung werden die Teilnehmer/innen Gelegenheit haben, sowohl an Podiumsdiskussionen als auch an Networking-Treffen teilzunehmen, bei denen Institutionen oder Projekte vorgestellt werden können. Das Programm umfasst ebenfalls Besuche in Museen und Gedenkstätten, darunter das Glencree Centre for Peace and Reconciliation in einem Vorort von Dublin, sowie den Besuch der Ausstellung „Nach dem Großen Krieg. Das Neue Europa 1918-1923", die im Hof des Nationalmuseums (Collins Barracks) in Dublin gezeigt wird.
Die Tagungsreihe „Europäische Erinnerung" begann im September 2012 in
Danzig. Weitere Symposien wurden seitdem in Berlin, Prag, Wien,
Budapest, Brüssel, Bukarest, Paris und Tallinn ausgerichtet.
Die
Veranstaltung in Dublin wird von der Europäischen Union und Fáilte
Ireland mitfinanziert. Projektpartner ist das slowakische Institut für
Nationales Gedenken Ústav Pamäti Národa.
Ausschnitt aus der Einladung zum European Remembrance Symposium in Tallinn 2022
Die Förderung des historischen Dialogs durch den Austausch unter Akteuren und die Vernetzung der bestehenden Institutionen ist ein besonderes Anliegen des ENRS. Diesem Ziel ist das „European Remembrance Symposium" gewidmet, das alljährlich in einer anderen europäischen Stadt veranstaltet wird, um insbesondere Vertreterinnen und Vertreter von Gedenkstätten, Museen, Forschungseinrichtungen und Geschichtsinitiativen zusammenzuführen; die Symposien stehen aber allen Interessierten offen. Das 8. Symposium fand 2019 in Paris statt. Das 9. Symposium musste wegen der Covid-19-Pandemie in 2020 ausfallen und findet nun vom 26.-28. Oktober 2021 in Tallinn statt.
Pressemitteilung des ENRS zum 9. Symposium in Tallinn
Cover von Band 74 "Central and Eastern European Europe after the First World War"
Burkhard Olschowsky, Tobias Weger, Piotr Juszkiewicz, Jan Rydel (Eds): Central and Eastern Europe after the First World War (Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa Band 74). Erhältlich als Print-Ausgabe und E-BookMatthias Weber, Burkhard Olschowsky, Ivan Petranský, Attila Pók, Andrzej Przewoźnik † (Hg.): Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Erfahrungen der Vergangenheit und Perspektiven (Schriften des BKGE Band 42). 2011. Zugleich: Schriften des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität Band 1
Ágnes Tóth: 1950. Rückkehr nach Ungarn 1946-1950. Erlebnisberichte ungarndeutscher Vertriebener. Aus dem Ungarischen übersetzt von Andreas Schmidt-Schweizer. (Schriften des BKGE Band 43). 2012. Zugleich: Schriften des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität 4Burkhard Olschowsky (Hg): Geteilte Regionen - geteilte Geschichtskultur(en)? Muster der Identitätsbildung im europäischen Vergleich. (Schriften des BKGE Band 47). 2013. Aus der Serie: Regionen des östlichen Europas im 20. Jahrhundert. Zugleich: Schriften des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität 6.
Burkhard Olschowsky, Robert Traba, Matthias Weber, Andrea Huterer (Hg.): Region, Staat, Europa. Regionale Identitäten unter den Bedingungen von Diktatur und Demokratie in Mittel- und Osteuropa. (Schriften des BKGE Band 50). 2014. Aus der Serie: Regionen des östlichen Europas im 20. Jahrhundert. Zugleich: Schriften des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität 7.
Burkhard Olschowsky, Ingo Loose (Hg.): Nationalsozialismus und Regionalbewusstsein im östlichen Europa (Schriften des BKGE Band 59). 2016. Aus der Serie: Regionen des östlichen Europas im 20. Jahrhundert. Zugleich: Schriften des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität 8.
Blick auf die Ausstellung in Prag 2018 (Foto: ENRS, Dominik Tryba)
Der
Erste Weltkrieg veränderte Europa grundlegend. Auf den Ruinen der alten
Imperien entstanden mehr als ein Dutzend neue Länder, fast alle Grenzen
wurden neu gezogen. Nach dem Krieg fanden sich viele Minderheiten in
neuen Staaten wieder. Die Menschen sehnten sich nach Frieden, Freiheit,
Selbstbestimmung und Demokratie; das Wahlrecht für Frauen wurde
durchgesetzt, erstmals wurden transnationale politische Institutionen
wie der Völkerbund geschaffen. Ein ‚Neues Europa' entstand. Diese und
weitere Themen wurden während der im Januar 2018 vom BKGE, dem ENRS und
weiteren Partnern in Berlin veranstalteten internationalen Tagung
"After the Great War" diskutiert. Sie stehen auch in der ab 2018 in verschiedenen europäischen
Städten gezeigten gleichnamigen Open-Air-Ausstellung im Mittelpunkt.
Archiv- und MultimediaMaterialien, Fotos, Karten und Filme
veranschaulichen individuelle Lebensgeschichten im ‚Neuen Europa' und
dokumentieren bis heute bestehende Differenzen bei der Beurteilung des
Geschehenen. Die Ausstellung wurde im Oktober 2018 im Indíry Gándhíové
Park in Prag eröffnet.
Tanzworkshop im Rahmen von "Sound in the Silence" (Foto: ENRS, Agnieszka Wanat)
Zeitzeugen, die über den Nationalsozialismus, den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg noch aus eigener Erfahrung berichten können, gibt es nur noch wenige. Die jetzt jüngere Generation musste glücklicherweise auch nicht erleben, was es bedeutet, unter den unfreien Bedingungen der kommunistischen Unrechtsregime zu leben. Sie kennt die Teilung Europas und die damalige Unterdrückung von Presse- und Meinungsfreiheit nur noch aus zweiter Hand. „Sound in the Silence" ist ein interdisziplinäres Bildungsprojekt, bei dem sich Jugendliche in Theater-, Musik- und Tanzworkshops diesen Erfahrungen der Vergangenheit zuwenden. So wird für sie nachvollziehbar, dass das Leben in Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie keineswegs selbstverständlich und der Einsatz für die Bewahrung dieser Werte ebenso notwendig wie lohnend ist.
Das
ENRS orientiert sich mit seiner Tätigkeit am Stand der internationalen
Forschung und realisiert Vorhaben auf wissenschaftlicher Grundlage. Um
einen eigenen Forschungsbeitrag zu leisten und hohe Qualitätsstandards
zu sichern, gibt das ENRS die wissenschaftliche Zeitschrift Rememberance and Solidarity. Studies in 20th Century European History heraus, die
jährlich als Online- und Printausgabe erscheint.
Vergangene Veranstaltungen
"After the Great War" macht Station in Wien (Foto: ENRS)
Seit Jahren wird die Ausstellung in vielen Ländern Europas gezeigt, bisher in Prag (Tschechische Republik), Sarajevo (Bosnien und Herzegowina), Bratislava (Slowakei), Verdun (Frankreich), Berlin und Weimar (Deutschland) sowie Rijeka (Kroatien), und den polnischen Städten Wrocław, Krakau, Warschau, Poznań und Lublin.
Vom 20. Mai bis zum 2. Juli 2021 war sie in Wien am Heldenplatz
präsentiert. Weitere Stationen gab es 2021 in den baltischen Ländern.
Ausstellung "Freedom Express" 2014 (Foto: ENRS)
Die Ausstellung gab einen zeithistorischen Überblick über die Länder Ostmitteleuropas, die durch den Zweiten Weltkrieg und nach 1945 durch die kommunistische Herrschaft nach sowjetischem Muster geprägt waren.
Die multiperspektivische Darstellung umfasste Fragen von Politik, Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Sport. Es wurden dabei Phänomene der Machtausübung, Varianten der Anpassung ebenso berücksichtigt wie Zeichen des Aufbegehrens und der Opposition in den jeweiligen Gesellschaften. Der transnationale Fokus der Ausstellung lag auf den Ursachen und Ereignissen der Freiheitsrevolutionen des Jahres 1989, die Europa in der heutigen Gestalt erst möglich gemacht haben.
Ort: Dorothea-Schlegel-Platz, 10117 Berlin (am Bahnhof Friedrichstraße)
Auschnitt aus der Bekanntmachung des Bildungsportals Lernen aus der Geschichte
Die aktuelle Ausgabe des online-Magazins Lernen aus der Geschichte entstand in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität und präsentiert Geschichte und Arbeit dieser multilateralen Initiative.
Das monatlich erscheinende LaG-Magazin Lernen aus der Geschichte enthält zu einem jeweiligen Schwerpunkt Diskussionsbeiträge, Berichte aus der Praxis und Rezensionen von Materialien für die Bildungsarbeit und kann als Newsletter abonniert werden.
Aus Anlass seines nunmehr fünfzehnjährigen Bestehens stellt das ENRS in der Oktober-Ausgabe des LaG-Magazins ausgewählte Beispiele seiner Bildungsarbeit vor. Nach einem einführenden Beitrag zur Entstehung des Netzwerkes und seines Auftrags von Rafał Rogulski und Matthias Weber folgen Aufsätze zu Fragen der Erinnerungskultur in Europa 75 Jahre nach Kriegsende von Richard Overy und Anke Hilbrenner. Attila Pók, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des Europäischen Netzwerkes, bespricht das Positionspapier „Guidelines for international discourse on history and memory." Weitere Beiträge behandeln die Wanderausstellung „Zwischen Leben und Tod. Geschichten von Rettung während des Holocaust", das internationale Jugendprojekt „Sound in the Silence" oder die Bildungsplattform „Hi-story lessons: Lehren und Lernen über die Geschichte Europas im 20. Jahrhundert." Zwei Buchempfehlungen und ein Überblick über die Online-Ressourcen der Website des Netzwerkes runden das Angebot ab.
European Network Remembrance and Solidarity
Europejska Sieć Pamięć i Solidarność
Európska sieť Pamäť a Solidarita
Rețeaua Europeană Memorie şi Solidaritate