Bundesadler und Schriftzug: Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa Collage aus Bildern des Bundesinstituts, einer historischen Karte, der Jahrhunderthalle in Breslau/Wrocław, der Immanuel-Kant-Statue in Königsberg/Kaliningrad und den Schriftzügen der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und des Bundesinstituts
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Puppen als Erinnerung an die Weizackertracht

Bärbel Schmidt

Einleitung

In diesem Beitrag wird die Trachtenpuppe als ein Erinnerungs-Mal der Menschen aus dem Weizacker beschrieben, als ein Ding, das darauf verweist, was gewesen ist. In dem Maße, in dem die Tracht aus dem alltäglichen Leben verschwindet, scheint sich die Trachtenpuppe zu etablieren. Dies interpretiere ich generell als eine Strategie des kollektiven Gedächtnisses. In diesem Kontext sollen die Fragen geklärt werden, wer warum Trachtenpuppen in Weizackertracht gefertigt hat, aus welchen Materialien die Puppenkleidung bestand und warum Menschen sowohl um 1900 wie auch noch heute ihre Wohnungen mit Puppen schmücken, die durch ihre Kleidung längst Vergangenes symbolisieren. Eine Kernthese lautet, dass die Trachtenpuppe in einem dreifachen Sinn die agrarische, vormoderne Gesellschaft aufhebt. In einer ersten Bedeutung erhöht sie die Tracht, zeigt sie als Kostbarkeit in Vitrinen vor. Dann hebt sie sie auf, indem sie die Tracht im Sinne eines Gedächtnisses aufbewahrt, konserviert. Schließlich signalisiert sie ihr Verschwinden, wie sich Minus und Plus aufheben.

Der Forschungsstand

Die Literatur zu Puppen und zur Puppengeschichte ist kaum überschaubar. Dabei überwiegen Publikationen, Zeitschriften und Zeitschriftenbeiträge für Sammler und Sammlerinnen sowie für Spielzeugpuppen. Hier liegt das Interesse in der Regel bei der Puppengeschichte, der Puppe als Kinderspielzeug, der Anfertigung von Puppen und Puppenkleidern oder dem Material, aus dem die Puppen hergestellt worden sind. Als hilfreich für die Bearbeitung des Themas, obwohl sie nicht speziell auf Trachtenpuppen eingehen, erwiesen sich die von Barbara Krafft (1) herausgegebene "Traumwelt der Puppen" und Marco Tosas (2) "Puppen, das verspielte Abbild vom Menschen", da sie die Kulturgeschichte der Puppe thematisieren.

Die Quellenlage zur allgemeinen Thematik der Trachtenpuppe beschränkt sich im Wesentlichen auf wenige Publikationen, von einer detaillierten Erforschung kann also nicht die Rede sein. Mit dem Phänomen Trachtenpuppen beschäftigt sich Marion Petri in ihrer 1990 in Göttingen eingereichten Magisterarbeit "Von der Alltagskleidung zum Schaustück. Zum heutigen Umgang mit ländlicher Kleidung am Beispiel von Trachtenpuppen. Eine Untersuchung in Bauerbach bei Marburg". (3) Petri geht in ihrer Arbeit der Frage nach dem Umgang des bzw. der Einzelnen mit Trachten als persönliche und nicht institutionalisierte Erinnerungsleistung nach. Darüber hinaus untersucht sie den kostümhistorischen Authentizitäts- und Dokumentarwert von Trachtenpuppen.

Andrea Geldmacher und Andreas Seim setzen sich in ihrem gleichnamigen Katalog zur Ausstellung "Trachtenpuppen in Hessen - Virtuelles Volksleben" (4) ausführlich mit Fragen der Authentizität und Echtheit von Trachtenpuppen sowie deren unterschiedlichen Funktionen auseinander. Bereits zwanzig Jahre zuvor hat sich Walter Stolle ebenfalls in dem ausstellungsbegleitenden Katalog "Trachtenpuppen in Hessen. Eine Zusammenstellung aus drei Jahrhunderten" dem Thema Trachtenpuppen gewidmet. Er thematisiert die Frage, ob Tracht und Trachtenpuppe Symbole einer heilen Welt seien und stellt einen Kriterienkatalog für die wissenschaftliche Verwendbarkeit von Trachtenpuppen auf. Dazu zählen etwa Farbe und Stoffart, Stickerei, Schnitt und Anzahl der Kleidungsstücke, die weitgehend mit den originalen Trachten übereinstimmen sollten. (5) Christine Kerler und Gertrud Rosemann (6) definieren in ihrem Buch "Trachtenpuppen aus aller Welt" den Begriff Trachtenpuppe volkskundlich am umfassendsten. Das Museum für Thüringer Volkskunde in Erfurt hat anlässlich seiner Trachtenpuppen-Ausstellung einen informativen Kurzführer herausgegeben. (7) Manfred Bachmann und Claus Hansmann (8) geben einen guten Überblick zur Kulturgeschichte der Puppen, widmen dem Thema Trachtenpuppe allerdings nur ein Kapitel. Ein Manko dieser Arbeit ist, dass sie nicht zwischen Trachten-, Souvenir- und Modepuppen differenziert. So werden als Beleg dafür, dass es Trachtenpuppen bereits eher als Leonie von Wilckens datiert (nämlich 1870er Jahre) (9) gab, zum einen Souvenirpuppen aus dem 18. Jahrhundert und zum anderen Modepuppen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts genannt und eine gestrickte Puppe mit gestrickten Kleidern als Trachtenpuppe bezeichnet. (10)

Speziell mit dem historischen Dokumentationswert von Puppenkleidung (11) setzen sich Dorothy S., Elizabeth A. und Evelyn J. Coleman in ihrem Buch "The Collector´s Book of Doll´s Clothes" auseinander. Den Autorinnen geht es darum, Informationen über die historische Bekleidung von Puppen für Sammler und Sammlerinnen sowie für Studierende der Mode- und Kostümgeschichte zusammen zu tragen. (12) Auf die Erinnerungsfunktion der Trachtenpuppen gehen die genannten Publikationen nur marginal ein.

Dass Trachtenpuppen beliebte Dekoration von Büchern sind, die sich nicht direkt mit dem Thema beschäftigen, sei mit folgenden Beispielen angedeutet. So diente im Jahre 1804 ein mexikanisches Puppenpaar in Tracht als Vorlage für das von Alexander von Humboldt illustrierte Tafelwerk "Vues des Cordilleres". (13) Auch Jakob Bronner, der in seinem im Jahrbuch für Jüdische Volkskunde abgedruckten Aufsatz Typen polnischer Jüdinnen aus dem 18. und 19.

Jahrhundert abbildet, greift 1923 auf Trachtenpuppen zurück. Er illustriert seine Ausführungen mit Bildern, die Hermann Neumann nach Puppenmodellen zeichnete. (14) August Villmar verwendet für seinen Artikel "Das Schmalkalder Land" in der 1904 von Carl Heßlers herausgegebenen "Hessischen Landes- und Volkskunde" ebenfalls Photos von Puppen in regionaler Tracht. (15) Hans-Ulrich Engel bildet 1983 auf dem Titelblatt seines Buches "Brauchtum der Heimat von Deutschen aus dem Osten bewahrt und weitergegeben" ein Trachtenpuppenpaar ab, und auf der Rückseite des Buches lesen wir: "Dieses Buch ist als Handreichung für eine nachgewachsene Generation zu verstehen, die von der eigenen Vergangenheit wenig oder gar nichts weiß. Gut wäre es, wenn es dazu beitragen würde, ein Volk, das verlernt hat, mit der Geschichte zu leben, eben wieder an seine eigene Geschichte heranzuführen." (16)

Alle genannten Autoren benutzen Trachtenpuppen als historische Trachtengrafik (17), wohl vor allem deswegen, weil Puppen aufgrund ihrer menschenähnlichen Gestalt ein lebendiges Bild der Trachten vermitteln können. Darüber hinaus setzen die Verfasser auf die symbolische Leistungsfähigkeit der Trachtenpuppen, die wie kein anderes Objekt die Phantasie an eine verlorene "glückliche und friedliche" Welt transportieren. Nur am Rande erscheint im Übrigen die Weizackertrachtenpuppe in zeitgenössischen Aufsätzen und Zeitungsberichten. (18)

Die Puppe

Bevor wir die Situation im Weizacker näher untersuchen, sollen einige Begriffe geklärt werden, die für unsere Überlegungen von Bedeutung sind. Am Anfang steht eine kurze Reflexion, welche Rolle Puppen in der Phantasie von Menschen spielen. Die Bezeichnung "Puppe" ist ein Lehnwort aus dem Französischen, das ursprünglich von dem lateinischen "pupa" stammt und ein Kleinkind oder einen Säugling bezeichnet. Es löste im 16. Jahrhundert vermutlich über das Elsass kommend das bis dahin übliche deutsche Wort "docke" oder "tocke" ab. (19)

Die Puppe als Repräsentanten des Menschen zu verwenden, ist keine Erfindung der letzten zweihundert Jahre. Der Blick auf ihre Geschichte zeigt, dass die ursprünglich aus Holz, Keramik, Ton, Knochen oder Textilien gefertigten menschenähnlichen Figuren zunächst nicht für die Hände von Kindern bestimmt waren, sondern für mächtige, einflussreiche Männer, etwa Medizinmänner. Diese benutzten Puppen, denen oft Zauberkraft zugesprochen wurde, als Fetische bzw. Idole, um sie Gottheiten, Dämonen oder Verstorbene als Heilige vertreten zu lassen. Es liegt auf der Hand, dass sich die Puppe als Abbild des Menschen von allen Gegenständen am besten für diese Übertragung eignete. (20) Vielleicht haben sich Reste des Glaubens an die Zauberkraft der Puppenidole in den Trachtenpuppen erhalten.

Die Brockhaus Enzyklopädie aus dem Jahre 1972 weist darauf hin, dass Puppen "Nachbildungen der menschlichen Gestalt (einschließlich der Bekleidung)" (21) sind. Lange Zeit hatten Puppen die Gestalt und das Aussehen von erwachsenen Frauen, männliche Puppen sind eher selten. (22) Puppen, die Säuglingen ähneln, so genannte Babypuppen, kommen vereinzelt erst gegen 1850 (23) auf, wobei japanische Vorbilder nachgeahmt werden. 1880 hatte sich die Kinderpuppe durchgesetzt, die Kinder von drei bis zehn Jahren nachbildete, ab 1910 erhielt diese dann verstärkt Konkurrenz durch die Babypuppe.

Des Weiteren gilt es, den Terminus "Trachtenpuppe" zu klären. Als solche bezeichne ich ausschließlich Puppen, die mit einer für einen bestimmten geographischen Raum typischen Kleidung versehen sind. Die Puppe selbst ist für die Zuordnung unwichtig. (24) Ich folge Christine Kerler und Gertrud Rosemann, dass nur wenn die Kleidung einer exakten und vollständigen Miniatur der Originaltracht entspricht, inklusive der Unterwäsche, von einer Trachtenpuppe gesprochen werden kann. (25) Diese Detailtreue ist es, die dazu führt, dass Trachtenpuppen als kostümhistorische Dokumente eingestuft werden.

Historische Puppen in Tracht dienen heute unter Umständen der Rekonstruktion von ländlichen Kleidungsstilen, etwa wenn vollständige Trachten fehlen. (26) Während sich historische Trachtenpuppen durch die Verwendung originaler, oft getragener Trachtenstoffe ausweisen, liegt heute der Schwerpunkt auf sorgfältig ausgeführten textilen Handarbeiten. Andrea Geldmacher und Andreas Seim weisen darauf hin, dass die aufgewandte Handarbeit, also die Feinheit und Reichhaltigkeit der Stickereien und Strickereien, und nicht die historischen Stoffe Kriterien für eine Trachtenpuppe im Sinne ihrer Definition sind. (27)

Zu unterscheiden von Trachtenpuppen sind Souvenirpuppen. Sie sind im Gegensatz zu den individuell erstellten Trachtenpuppen seriell produziert oder kunsthandwerklich hergestellt. (28) Souvenirpuppen sind entweder dem persönlichen Andenken an eine Reise in ein fremdes Land gewidmet oder beliebte Mitbringsel für Familienangehörige und Freunde. Anders als Trachtenpuppen sind sie in einer stereotypisierten Form der regionalen Tracht gekleidet. Sie sind darüber hinaus durch einfache Verarbeitungstechniken gekennzeichnet. Stickereien etwa erscheinen in der Regel als Stoffdruck, oft sind Nähte nicht sorgfältig verarbeitet. (29)

Geschichte der Trachtenpuppen

Trachtenpuppen treten seit der Mitte des 18. Jahrhunderts überregional in Erscheinung, sind somit nicht oder kaum jünger als die Tracht selbst, die ihre Grundelemente (in Europa) seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausbildet. (30) Die ältesten noch erhaltenen deutschen Trachtenpuppen sind vermutlich drei in der bäuerlichen Brotteroder Tracht (31) gekleidete Puppen, die sich in der Wachsfigurensammlung Friedrich II. befanden. Die um 1780 angefertigten Puppen (32) weisen keine Spielspuren auf, sodass wir annehmen können, dass sie ausschließlich zur Anschauung gedacht waren. Wie sie in die Sammlung Friedrich II. gelangten und wer sie fertigte, ist heute nicht mehr festzustellen. Mit den Puppen bekundet der Regent und diejenigen, die ihm diese schenkten, ein Interesse an den kuriosen Dingen des einfachen Volkes.

Historische Trachtenpuppen wurden in der Regel von Trachtenschneidern oder von geschickten Trachtenträgerinnen hergestellt, die auch Teile der Originaltracht nähten. Die Fertigung von Trachtenpuppen entwickelte sich aber zunehmend zur Domäne von Frauen. Meist fertigten arme Frauen die Puppen. Frauen, die sich auf Handarbeiten wie Nähen, Sticken und Stricken verstanden, konnten auf diese Weise neben der Landwirtschaft einen kleinen Nebenverdienst erwirtschaften. (33) Es ist wahrscheinlich, dass der 1872 zunächst in Preußen obligatorische schulische Handarbeitsunterricht und die Ausbildung von Handarbeitslehrerinnen Ende des 19. Jahrhunderts zur Anwendung und Verbreitung auch von Trachtenpuppen beigetragen haben. Nicht übersehen werden darf zudem, dass das soziale Prestige der Frauen innerhalb der Dorfgemeinschaft stieg, wenn sie kompetent in "trachtenmodistischen" Fragen waren. (34)

In den 1930er Jahren hatten Spielzeugfabriken den dokumentarischen und werbestrategischen Wert von Trachtenpuppen erkannt. Das zu dem Zeitpunkt einzige deutsche Trachtenpuppen-Museum in Neustadt bei Coburg wurde von der örtlichen Spielwarenindustrie 1930 mit der Intention gegründet, mit der "Völker- und Trachtenschau in Puppen" dauerhaft für die in einer wirtschaftlichen Krise befindlichen bayerischen Spielzeughersteller zu werben. Die in Neustadt hergestellten Puppenkörper wurden in verschiedene Regionen Deutschlands versandt und dort den originalen Trachten entsprechend eingekleidet. Im Jahre 1932 konnten in einer Ausstellung bereits 216 Puppen der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das Konzept wurde 1937 erweitert, nun gelangten neben Trachtenpuppen auch Souvenirpuppen in den Bestand. Die Sammlung, die heute einen Schwerpunkt des Museums bildet, ist mittlerweile auf über 1.000 Trachtenpuppen angewachsen. (35)

Puppen in nationalen und regionalen Trachten waren schon relativ früh beliebte Gastgeschenke, die Staatsoberhäuptern unabhängig von deren Geschlecht übergeben werden. Die Liste derer, die mit einer Trachtenpuppe geehrt wurden, ist lang und zieht sich durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart. Sie reicht über den britischen Botschafter, der in Athen 1835 wohl als einer der ersten mit einer in griechischer Tracht gekleideten Puppe in seiner neuen Heimat empfangen wurde, (36) über die holländische Königin Wilhelmine, die 1893 Puppen von den einheimischen Frauen der niederländischen Kolonien erhielt, (37) zu General Eisenhower, der 1944 von Bretonen mit einer Puppe in Bretonischer Tracht geehrt wurde (38), und zum ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt, der 1974 anlässlich seines Besuches in Röllshausen eine Puppe in Schwälmer Tracht erhielt, bis hin zu Amy Carter, der Tochter des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter. Sie bekam 1978 im Rahmen eines Staatsbesuches vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Holger Börner gleich zwei Trachtenpuppen aus dem Marburger Land, eine in evangelischer und eine in katholischer Tracht. (39) Als Botschafterin zwischen den Völkern (40) hat die Puppe aufgrund ihres menschenähnlichen Korpus und der regionalspezifischen Bekleidung die Funktion, dem Beschenkten ein Abbild des Schenkenden zu geben, sie ist dreidimensionale Visitenkarte und Erinnerungsgeschenk zugleich. (41)

Es kann nicht übersehen werden, dass sich die Heimat- und im Anschluss auch die Volkstumsideologie besonders der Trachtenpuppe angenommen hat. So schrieb eine Trachtenforscherin nahe Paderborn 1933 zu unserem Thema: "Gar mancher Mann im Delbrücker Lande sagte: ´Was kümmert Ihr Euch noch um den alten Plunder?´ Aber die Frauen im landwirtschaftlichen Frauenverein denken anders. Es ist ihnen doch ans Herz gegangen, zu sehen, daß so eine alte Heimatkultur für immer untergeht. Als Hüterinnen und Pflegerinnen des Lebens haben unsere Mitglieder im Verein ein neuerwecktes Interesse für Heimat und Kultur erhalten. Sie wollen sich gern in den Dienst der Heimatpflege stellen und betrachten es als ihr Recht, dem Heimatmuseum eine Sammlung von Trachten zu stellen. Die eigens angefertigten Puppen werden in alter Tracht angezogen, damit den fremden Besuchern und kommenden Geschlechtern ein Anschauungsunterricht über das Vergangene zuteil werden kann." (42)

Betont wird der symbolische Wert der Trachtenpuppe: "Und nun zu unserer Trachtenpuppe. Sie ist kein Märchengebilde, sondern ein Spiel mit geschichtlichem Wert in Kultur, Wirtschaft, Geographie und Religion. Sie weist nicht hin auf eine politische oder Berufserziehung, sondern vermittelt das Leben der Vorfahren von der Wiege bis zum Grabe und ist verwurzelt in der engeren Heimat, von wo aus der Weg in die Weite und in die Welt gehen soll. Die Volkstracht ist eine Sprache. Die Tracht ersteht bei der Puppe oder erhält sich bei der Puppe musisch wie ein Märchenbeginn: Es war einmal." (43)

Der kommunikative Wert des Textes ist gering, indem auf konkrete Fakten verzichtet und vielmehr am Beispiel der Puppe formelhaft verwiesen wird auf das gesamte Leben ("von der Wiege bis zum Grabe"). Die Rolle, welche die Autorin den Frauen in Westfalen zuweist, sind diese überhaupt nicht bereit einzunehmen. "Ziehen wir jetzt Rückschlüsse auf Westfalen, so ist leider festzustellen, daß unsere schönen Trachten des Paderborner-, Münster-, Ravensburger(-) und Lipper Landes von der Industrialisierung, von zwei Weltkriegen, durch eine allzu materielle Haltung und durch das Versagen der Frauenwelt zur aktiven Heimatpflege ausgestorben sind, so daß die jetzige Jugendgeneration überhaupt keine Beziehung zum alten, schönen Heimatgut hat." (44)

Auf die Rolle der "Hüterinnen und Pflegerinnen des Lebens" wurden Frauen seit 1933 von der NSDAP festgelegt. Nicht nur vereinzelte Fraueninitiativen, sondern auch Schwesternorden fühlten sich damals berufen, ihre "Volkskultur" zu bewahren. So etwa die Jungdeutsche Schwesternschaft, sie sich 1933 um "die Pflege deutscher Art, deutscher Kunst und Kultur" mit der Herstellung von Trachtenpuppen kümmerte. Die Schwestern verfolgten das Ziel, ein Trachtenpuppen-Museum aufzubauen, das "die unterschiedlichen Gaue Deutschlands" repräsentieren sollte. Dabei wollten sie nicht die vom Verschwinden bedrohten Trachten erneuern, sondern mit den Trachtenpuppen ein "Bild der jeweiligen Heimatkultur auf dem Gebiete der Kleidung gewinnen, die Abhängigkeit von der die Zeit beherrschenden Mode erkennen und daraus in gefundenem Verantwortungsgefühl lernen, daß die kulturtragende Oberschicht (...) noch ebenso verantwortlich für die Entwicklung der Volkskunst (sei) wie vor hundert Jahren". (45) Die Trachtenpuppen-Sammlung des Schwesternordens habe insofern kulturhistorischen Wert, als dass sie "aus der Geschichte zum lebendigen Leben erwachen und (...) Erkenntnis und Aufgaben für (die) Gegenwart" geben könne. (46) Im Trachtenpuppen-Museum sei "ein Stück Deutschtum" festgehalten, das es wert sei, zur Darstellung gebracht und den künftigen Geschlechtern überliefert zu werden.

Dieser hier weitgehend paraphrasierte Beitrag gibt der Trachtenpuppe letztlich eine ideologische, rassenpolitische Funktion. Sie verweist weder auf erinnerte Zustände noch auf erinnerte Symbole, vielmehr ist sie einer Fiktion, die sie "Deutschtum" nennt, verpflichtet. Doch ein solcher Einsatz der Trachtenpuppe darf uns nicht davon ablenken, dass es daneben durchaus eine erinnernde Funktion gibt, sei es an eine mythische Zeit agrarischen Glücks - wie es die Romantik erfand -, oder an die noch zu schildernde mythische Zeit der verlorenen Heimat, wie wir sie seit 1945 kennen.

Trachtenpuppe und Erinnerung

Der 1944 in Buchenwald ermordete französische Soziologe Maurice Halbwachs hat als einer der ersten die soziale Rolle des Gedächtnisses untersucht. Dabei geht er von dem von Emile Durkheim in seiner Gesellschaftstheorie bestimmten "sozialen Rahmen", den "cadre sociaux" aus. Seine Überlegungen führte der ebenfalls aus Frankreich stammende Soziologe Pierre Nora weiter. Nora sieht als die Geburtsstunde des Gedächtnisses das Ende des 19. Jahrhunderts an, als entscheidende Erschütterungen der bäuerlichen Welt spürbar geworden seien. Der Zusammenbruch dessen, was das Bild schlechthin eines in der Scholle wurzelnden Gedächtnisses gewesen sei, und der plötzliche Aufstieg des Gedächtnisses im Kern der individuellen Identitäten seien gleichsam zwei Seiten desselben Bruchs. (47)

Nach Maurice Halbwachs und Pierre Nora haftet das Gedächtnis am Konkreten, im Raum, an der Geste, am Bild und am Gegenstand. Während Halbwachs jedoch noch von einem "sozialen Rahmen" ausgeht, konstatiert Nora, dass es nur noch "lieux de mémoire" (Gedächtnisorte) gäbe, die "mileux de mémoire" seien verschwunden. (48) Dabei sind nach Nora die Gedächtnisorte zunächst einmal Überreste, zu denen sowohl Museen, Dokumente, Datenbanken, Gegenstände der materiellen Kultur als auch Festtage, Jahrestage, Friedhöfe, Sammlungen oder Verträge und Protokolle zählen. Entscheidend dafür, ob etwas den Status eines Gedächtnisortes erreiche, sei dessen Wirkungskraft als Symbol. (49) Gedächtnisorte seien die äußerste Form, in der ein eingedenkendes Bewusstsein überdauere in einer Geschichte. Nora führt weiter aus, dass je weniger das Gedächtnis von innen her erlebt würde, es äußerer Stützen und greifbarer Anhaltspunkte einer Existenz bedürfe, die nur dank dieser noch lebe. (50)

Das späte 19. Jahrhundert ist durch die "Landflucht" geprägt. Immer mehr Menschen finden keine Arbeit im agrarischen Bereich und suchen ihr Glück in den Städten, sie werden Industriearbeiter. Auf der anderen Seite verändert die industrialisierte Welt mit Reklame und neuzeitlichen Konsumangeboten, mit Eisenbahn und bald auch dem Auto, mit Maschinen und Fertigwaren auch das ländliche Leben. Eine der Folgeerscheinungen ist, dass in bestimmten Regionen die Menschen ihre Tracht ablegen und sich der industriellen Arbeitskleidung und der städtischen Mode anpassen. Dass nun zunehmend Trachtenpuppen hergestellt werden, müssen wir als einen Versuch werten, mit der Tracht die verlorene Welt zu symbolisieren und so im Gedächtnis zu behalten. Dabei geht die Wertschätzung der Tracht vom Bildungsbürgertum aus, das sich sein Bild vom glücklichen Leben auf dem Lande, das Ende des 18. Jahrhunderts kreiert worden war, erhalten wollte. Ohne dies im Detail belegen zu können, gehe ich davon aus, dass sich die Erinnerungsstrategien des ländlichen und städtischen Bürgertums überlagern, im Weizacker gibt es dafür Hinweise, über die noch zu berichten sein wird.

Diesen erinnernden Umgang mit einem großen sozialen Verlust, den wir als "Modernisierungsdefizit" beschreiben, nutzt die NSDAP wie vor ihr völkische Gruppierungen. Sie geben vor, die erinnerte Lebensform sei wieder herstellbar. Im Jahre 1933 verteidigte Agnes Brirup das Festhalten einiger Frauen am Tragen der Delbrücker Tracht leidenschaftlich, da auf diese Weise die Kleidung noch aktiv bewahrt und nicht im Museum stillgestellt werde. "Mögen nun manche auch die letzten trachtentragenden Frauen als äußerst rückständig erklären, dass wir hier im Delbrücker Land den einzigen Flecken in der Provinz Westfalen besitzen, wo man, statt im Museum, altes Kulturgut noch in Verbindung mit dem Menschen selbst finden kann."

Dass die Beschäftigung nicht nur mit der Tracht, sondern auch mit der Puppe beim städtischen Bürgertum sich großer Beliebtheit erfreute, soll nun Thema sein. Dabei ist die Grenze zu Trachtenpuppen oft nicht deutlich zu ziehen, denn einige wenden sich mit den Trachtenpuppen der Volkskunst zu, während andere ihre Vorliebe für Künstlerpuppen entdecken. Festzuhalten ist, dass in bürgerlichen Stuben Trachtenpuppen und Künstlerpuppen Einzug halten, beide geschützt in Vitrinen. Von Künstlerinnen gefertigte Puppen erscheinen in Zeitschriften wie "Kunst und Dekoration", wo sie als "Puppen für Vitrinen" (51) oder "Kulturpuppen" angepriesen werden. (52) Auch der den Populärwissenschaften zuzurechnende Max von Boehn ist von den Puppen "zum Ergötzen Erwachsener" angetan. In klingenden Worten beschreibt er die Ausstrahlungskraft, die Puppen auf ihn haben. "Hat man irgendwo im Zimmer plastische Kunstwerke stehen - und sei es lyrische oder musikalische Kleinplastik - es geht immer eine geistige Lebendigkeit von ihnen aus. Hat man Puppen als Zimmerschmuck, so teilen sie dem Raum eine seelische Lebendigkeit mit. Ihr Reiz ist ein menschlich-spielerischer." (53)

Auch die Künstlerpuppen besaßen wie die Trachtenpuppen neben dekorativen Zwecken eine erinnernde Funktion. Sie symbolisierten ebenfalls eine "gute, alte Zeit". Die Schwärmereien Hans Schiebelhuths über die Puppen Emma von Sicharts bringen dies deutlich zum Ausdruck: "Ist es nicht so, als ob sie aus Gärten, Veitshöchheim oder Versailles, kämen? Ist es nicht, als ob sie des hirtischen Gedichts von Dafnis und Chloe gedächten? Sie haben das lebendige Erbe des Rokoko herübergerettet in unsere Zeit, in unsere Zimmer. Diese Puppen träumen in den Vitrinen, sie stehen auf dem Teetisch, die Krinoline pompös gerafft, sie lehnen auf dem Gesims, auf Konsolen und Kommoden haben sie ihren natürlichen Platz. Der Reichtum fürstlicher Roben ist ihre erste Selbstverständlichkeit. ... Die Puppen von Emma von Sichart sind gern in unserem Zimmer. Sie machen, dass man leichten Fußes dieser oft entseelten Zeit entgeht, und rückerinnernd ihres Erbes, des Rokoko, einen Hauch empfängt. Sie sind ganz menschliche Geschöpfe und erfüllt von ihrer Aufgabe, uns über ein Leeres und Dunkles der Stunde hinwegzuhelfen." (54)

In solchen Texten vermischt sich die erinnernde Funktion der Puppe mit kulturpessimistischer Reaktion auf die Modernisierungsdefizite. Ich würde das allgemeine Lamento Hans Schiebelhuths letzterem und das spezifische Objekt - etwa eine Puppe in Tracht, also ein konkreter Verweis - dem kulturellen Gedächtnis zuordnen.

Ein Blick in andere Länder zeigt, dass auch hier Puppen zur Erinnerung in den Wohnungen aufgestellt wurden. In England fertigte man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Erinnerungspuppen an bestimmte Anlässe. Kommerziell hergestellte Puppen in militärischer Kleidung erfreuten sich ebenso großer Beliebtheit wie dargestellte Mitglieder des englischen Adels. An das diamantene Regierungsjubiläum der Queen Viktoria im Jahre 1897 erinnert eine Puppe, welche die Regentin in hohem Alter in aufwändiger Kleidung porträtiert. (55) Daneben gehörten unter einem Glassturz geschützte Hausiererpuppen zu salonfähigen Zimmerdekorationen. Diese Puppen waren oft als alte Frauen zurechtgemacht, selten als junge Mädchen. Es gab aber auch männliche Hausiererpuppen. Mit ihnen ist der Aspekt des Gedenkens verknüpft, denn sie sollten in sozialromantischer Manier daran erinnern, dass Veteranen des Krim-Krieges eine Lizenz als fliegende Händler erhalten hatten, um ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können. (56)

In Japan werden traditionell zum Mädchenfest am 3. März und zum Knabenfest (57) am 5. Mai Puppen auf einem Podest in einem Zimmer aufgestellt, die sonst das ganze Jahr über in Schachteln aufbewahrt werden. Für die Erziehung der Mädchen ist die Puppe vor allem ein didaktisches Anschauungsmittel, mit dem Mütter ihren Töchtern die Aufgaben und Verpflichtungen, die Familien- und Nationalbräuche erläutern. Das Hauptziel ist jedoch, bei den Töchtern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die traditionelle japanische Kultur im kollektiven Gedächtnis erhalten bleiben muss. Die Puppen werden von der Mutter an die älteste Tochter weitervererbt, wenn diese heiratet und einen eigenen Hausstand gründet. Jüngere Geschwister erhalten Puppen von Familienangehörigen geschenkt. (58)

Sowohl bei den Trachtenpuppen als auch bei den Künstlerpuppen spielt neben dem kollektiven auch immer das individuelle Gedächtnis eine Rolle. Als dessen Paten sieht Nora Sigmund Freud und Marcel Proust: "Verdanken wir nicht Freud und Proust die beiden intimen und doch universalen Gedächtnisorte, die Urszene und die berühmte kleine Madeleine? Dieser Transfer des Gedächtnisses bezeichnet eine entscheidende Verschiebung: vom Historischen zum Psychologischen, vom Sozialen zum Individuellen, vom Übertragbaren zum Subjektiven, von der Wiederholung zur Wiedererinnerung. Er läutet ein neues Regime des Gedächtnisses ein, das von nun an Privatangelegenheit ist. Die vollständige Psychologisierung des zeitgenössischen Gedächtnisses hat zu einer einzigartig neuen Ökonomie der Ichidentität, der Mechanismen des Gedächtnisses und des Verhältnisses zur Vergangenheit geführt."

Von nun würde auf jeden einzelnen Menschen der Gedächtniszwang lasten, auf die persönliche Beziehung des Einzelnen zu seiner eigenen Vergangenheit beruhe ihre mögliche "Wiederbelebung". Das allgemeine Gedächtnis würde durch dessen Atomisierung in Privatgedächtnisse dem Gesetz des Erinnerns eine intensive Kraft inneren Zwanges geben. Nunmehr sei jeder und jede zur Erinnerung verpflichtet, was aus der Wiedergewinnung einer Zugehörigkeit das Prinzip und das Geheimnis der Identität mache. Im Gegenzug nehme ihn diese Zugehörigkeit ganz und gar in Beschlag. Wenn das Gedächtnis nicht mehr überall sei, so wäre es nirgends, beschlösse nicht ein individuelles Bewusstsein in einsamer Entscheidung, sich darum zu kümmern. Je weniger das Gedächtnis kollektiv gelebt werde, umso mehr bräuchte es einzelne Menschen, die sich selbst zu Gedächtnismenschen machen. Gleichsam als ob eine innere Stimme zu den Korsen sagen würde: "Du mußt Korse sein", und zu den Bretonen: "Man muß Bretone sein!" (59)

Die Trachtenpuppen bedienen sowohl das kollektive als auch das von Nora beschriebene atomisierte Privatgedächtnis. Auf der einen Seite finden wir die Geste, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mit Puppen zu beschenken und Puppen in öffentlichen Institutionen auszustellen, und auf der anderen Seite finden sich zunehmend Trachtenpuppen in Vitrinen von Privathaushalten.

In all den genannten Fällen ist die Materialität der Puppen von entscheidender Bedeutung. Schon Warburg hat darauf verwiesen, dass Materiellem eine entscheidende "mnemotechnische Energie" innewohnt. Auch Hannah Arendt beschreibt in ihrer "Vita activa", dass die Erinnerung nur durch die "Handgreiflichkeit des Dinghaften" möglich sei. So Arendt: "Ohne Erinnerung und ohne die Verdinglichung, die aus der Erinnerung selbst entspringt, weil die Erinnerung der Verdinglichung für ihr eigenes Erinnern bedarf, würde das lebendig Gehandelte, das gesprochene Wort, der gedachte Gedanke spurlos verschwinden." (60)

Weizackertrachtenpuppen

Um die Jahrhundertwende hatten die meisten Menschen im pommerschen Weizacker die Tracht abgelegt und sich in ihrem Kleidungsstil der städtischen Mode angeglichen - ungeachtet der generellen Frage, wieviele von ihnen zuvor Tracht getragen hatten. Im Jahre 1911 berichtet der Heimatforscher und Historiker Robert Holsten unter Berufung auf Karl Wilhelm Heinrich Berghaus (61), dass noch 1868 "sowohl Männer als Frauen, diese jedoch vorzugsweise, mit außerordentlicher Zähigkeit in der Kleidertracht am Althergebrachten kleben" (62) würden.

1911, gut eine Generation später, hat sich diese Situation offensichtlich drastisch verändert. Besorgt stellt Holsten nun fest, dass die Weizackertracht in den meisten Dörfern nur noch von "wenigen alten Mütterchen, die wegen ihres Alters selten sichtbar werden, oder gar nur von einem einzigen getragen" (63) werde. In vielen Ortschaften sei sie schon ganz verschwunden und es lebe nur noch die Erinnerung daran, dass sie einmal vorhanden gewesen sei. Eine von ihm daraufhin durchgeführte Erhebung zeige, dass die Tracht durchweg - wenn überhaupt -, nur noch von alten Leuten und dann auch nicht mehr immer in "alter Reinheit" getragen werde. Vielfach seien moderne Stücke mit Teilen der "echten Weizackertracht" verbunden worden. In 43 Orten würden nur noch 333 Personen ihre Tracht anlegen. (64) Nach Untersuchungen von Johannes Kanzenbach (65) setzte sich dieser Trend in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fort. Kanzenbachs Recherchen galten der Stadt Brietzig. Während dort 1910 noch 56 Frauen die Tracht getragen hätten, seien es 1938 nur mehr zehn gewesen, von denen später eine nach Berlin umgezogen sei. (66)

Die nicht mehr getragenen Trachten dienten auch im Weizacker Trachtenschneidern und geschickten Trachtenträgerinnen als Material für die Bekleidung von Trachtenpuppen. (67) Mit der Verwendung der originalen, getragenen Trachtenstoffe wird die Trachtenpuppe zum emotionalen Bedeutungsträger. (68) Textilien sind - wie kein anderes Objekt - körpernahe Erinnerungsträger, die biografische Spuren an Erlebnisse und Personen speichern. Indem die Trachtenstoffe zur Puppenkleidung umgearbeitet werden, bleiben diese Erinnerungen visuell in der Dreidimensionalität erhalten. Der Puppenkörper dient dabei als Stellvertreter des menschlichen Körpers. Die Trachtenpuppen sind dabei Abbilder - simulacra - der einst selbst getragenen Trachten und damit der Person, die sie trug.

Im Dorf Brietzig im Weizacker stellten um die Jahrhundertwende zunächst der Schneidermeister Christian Dümmel (gest. 1937) und eine Frau Hartwig (gest. 1913) Puppen in Weizackertracht her, später dann Elisabeth Siede und Helene Blenn. (69) Nach Auskunft der Enkeltochter von Elisabeth Siede bekleidete Christian Dümmel in der Regel männliche Trachtenpuppen und half Frau Siede bei sperrigen Teilen der weiblichen Tracht, die nicht mit der Hand zu nähen waren. Helene Blenn, die bekannt war für ihr textilpraktisches Geschick, habe oft die Strümpfe gestrickt. Elisabeth Schulz berichtete, dass zu Hause noch zahlreiche Trachtenstücke vorhanden gewesen seien, die für die Herstellung der Trachtenpuppen verwendet wurden. Die Puppen habe ihre Oma zum Preis von 10 Reichsmark verkauft. (70)

Die zu einem aus den 1930er Jahren stammenden Vortrag gehörenden Dias in der Heimatstube Korbach in Hessen, der Partnerstadt von Pyritz, zeigen mehrfach Frauen und Mädchen in Tracht. Diese stehen neben einer Vitrine mit Trachtenpuppen und verweisen auf diese. Sie halten eine Puppe auf dem Schoß oder im Arm. Auf den vermutlich aus vortragsdidaktischen Gründen inszenierten Farbphotos sind ausschließlich Trachtenträgerinnen zu sehen, und in der Regel sind auch die Puppen in weibliche Tracht gekleidet. Puppen in männlicher Tracht bilden die Ausnahme. Die Photographien dokumentieren auf der einen Seite das zunehmende Verschwinden der Tracht. Da es nicht mehr selbstverständlich ist, die Tracht im Alltag anzulegen, werden die Tracht und die sie tragende Person photographisch "eingefroren". Auf der anderen Seite kommt den Abbildungen ein dokumentarischer Wert zu. Sie belegen, dass die Tracht einst tatsächlich von Menschen einer spezifischen Region getragen wurde und kein Phantasiekonstrukt für eine Puppenbekleidung ist. Die Puppe wird hier in ihrer erinnernden Funktion legitimiert.


















Trachtenpuppen als Geschenk zur Erinnerung an eine spezifische Region

Ein Hinweis auf eine erste Puppe in Weizackertracht findet sich in einem 1957 in der Pommerschen Zeitung erschienenen Artikel von Hugo Topp. Leider ohne Verweis auf Quellen berichtet der Autor, dass Kronprinz Friedrich anlässlich eines Manövers 1869 sich eine Nacht lang in Pyritz aufgehalten habe. Der damalige Landrat habe zu Ehren des hohen Gastes veranlasst, dass zahlreiche Männer und Frauen den Thronfolger in Tracht begrüßten, ein plattdeutsches Gedicht vortrugen und der ältesten Tochter des Prinzen eine Puppe in Weizackertracht überreicht wurde. (71)

Während dieses Ereignis in späteren Zeitungsberichten kaum eine Rolle spielt, wird der Besuch des deutschen Kaiserpaares Wilhelm II. und Augusta Viktoria anlässlich der Einweihung des neu renovierten Doms (der Marienkirche) am 30. August 1911 in Stargard wiederholt von unterschiedlichen Autoren aufgegriffen, (72) wohl vor allem deshalb, weil die Übergabe der Trachtenpuppe an die Regentin photographisch dokumentiert wurde. Die in Tracht gekleidete Elisabeth Siede aus Brietzig, Kreis Pyritz, die eine sehr engagierte Dokumentarin der Tracht war, überreichte die von ihr selbst angefertigte Puppe. Wie auf den Vortragsdias ist die trachtentragende Elisabeth Siede gemeinsam mit ihrer Puppe auch auf einer handkolorierten Postkarte verewigt. (73) Die Enkeltochter von Elisabeth Siede, Elisabeth Schulz (geb. 1920), bestätigt, dass die Puppe von ihrer Großmutter selbst gefertigt worden ist. Elisabeth Siede wurde für diese "patriotische" Handlung mit einem Orden ausgezeichnet. Es habe Frau Schulz zufolge ein Bild existiert, das die Großmutter mit dem Orden zeige. (74)

Elisabeth Schulz begleitete als Vierzehnjährige ihre Großmutter auf einer Wochenendreise mit dem Touristikunternehmen "Kraft durch Freude" nach Berlin, um den Führer Adolf Hitler zu "besuchen". Von den Mitreisenden waren 10-12 Personen in Tracht gekleidet, davon drei Männer. Da Hitler keine Zeit für die Gruppe hatte, trug sich diese in das Goldene Buch der Stadt ein und ließ ihm eine von Elisabeth Siede hergestellte Trachtenpuppe überreichen. Hitler hat sich jedoch nie bei ihnen gemeldet. (75) Johannes Kanzenbach datiert die Reise der NS-Frauenschaft (76) Brietzig nach Berlin in das Jahr 1935. Neben dem Reichskanzler hätten auch Gauleiter Schwede-Coburg und der Landeshauptmann Robert Schulz solche Puppen erhalten. (77)

Auch Menschen, die auswanderten oder in andere Regionen umzogen, erhielten von den Familien oder Freunden zur Erinnerung an ihre alte Heimat zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft Trachtenpuppen geschenkt. So fertigte Elisabeth Siede für eine Weizackerin, die gemeinsam mit ihren "hohen Herrschaften" in die Schweiz übergesiedelt war, eine Puppe an. (78) Auch die in Polen wohnende Christel Jlow stellte für ihre in Deutschland lebenden Kusinen sechs Puppen in Weizackertracht her. Christel Jlow nannte als Gründe "die Erinnerung an die Heimat" sowie "das Wachhalten der Geschichte". (79)

Hugo Topp beschreibt sowohl das Tragen von Trachten, die er als geschichtliche Denkmale einstuft, als auch das Überreichen von Trachtenpuppen als Strategien, die mit der Hoffnung verbunden waren, "das Verschwinden der Tracht um einige Jahrzehnte" aufzuhalten. Deswegen sei dafür gesorgt worden, dass bei bedeutenden Anlässen und Ereignissen die Weizackertracht nicht fehlte. (80) Wenn auch die 1869 der Prinzessin geschenkte Puppe zum Spielen gedacht sein mochte, so kann nicht übersehen werden, dass mit dem Geschenk beim Spiel in der kaiserlichen Wohnung an den Weizacker und seine Bevölkerung erinnern werden sollte. Diesen Zweck erfüllt auch die an die Kaiserin übergebene Puppe, die daneben natürlich auch eine dekorative Funktion innehaben sollte.

Trachtenpuppen in Wohnstuben

In den 1920er und 30er Jahren dienten die Trachtenpuppen neben der Dekoration von Wohnräumen auch der privaten Erinnerung an die schon fast verschwundene Tracht. Die Puppen wurden in den guten Stuben entweder wie ein Schatz in Vitrinen zur Schau gestellt, dekorativ auf Sofa oder Sessel platziert oder im Wäscheschrank aufbewahrt. In aller Regel waren sie nicht zum Spielen gedacht, sondern dem Schmuck und der Erinnerung vorbehalten.

Natürlich durften Trachtenpuppen in der Wohnung von Elisabeth Siede nicht fehlen und so befanden sich zwei Puppen im Glasschrank in der guten Stube. (81) Die Zeitzeugin Käthe Backhaus (geb. 1924) erinnert sich, dass ihre Mutter, schon bevor sie zur Schule kam, die Weizackertracht über eine Puppe kennen gelernt hatte. Ihre Mutter hatte eine solche von ihrem wesentlich älteren Bruder Fritz als Geschenk erhalten, ebenso dessen Verlobte. Die Puppe, die einen Porzellankopf, echtes Haar, Porzellanhände und Füße gehabt habe, sei vermutlich 1894 von Pät Hinsch hergestellt worden. Balg und Arme seien aus Leder gewesen und die Puppe hätte Schlafzimmeraugen und aufgeklebte Haarwimpern besessen. (82) Die auf den Namen Anneliese getaufte Puppe sei sorgfältig in einem Kopfkissen im Kleiderschrank verwahrt und nur zu besonderen Anlässen herausgeholt worden. Bei der Flucht hätte die Puppe zurückbleiben müssen. In der auch "Geburtstagsstube" genannten guten Stube der Tante von Frau Backhaus habe ein solches Erinnerungsstück unter einem Glassturz auf einem kleinen Tisch gestanden. (83)

Christel Jlow hat als Kind eine Puppe erhalten, die ebenfalls von "Oma Siede" angefertigt worden war. Es war eine große Puppe, die nicht zum Spielen gedacht war, sondern im Sessel saß. Ihre eigene Großmutter hätte sich um die Puppe gekümmert. Nach Kriegsende hätte eine russische Ärztin ihre Puppe mitgenommen. (84)

Die Korbacher Dias zeigen unter anderem mehrere Stuben, in denen entweder einzelne weibliche Puppen, beide Geschlechter gemeinsam oder sogar eine Kleinfamilie mit einem Kind (85), alle in Tracht, ausgestellt in Vitrinen in Wohnstuben ihren Platz einnehmen. (86) Damit findet eine private Musealisierung en miniature statt. (87) Der besondere Platz in der guten Stube, deren Bezeichnung "Geburtstagsstube" andeutet, dass dieser Raum nur zu ganz speziellen Anlässen genutzt wurde, zeigt allerdings die Bedeutung, welche die Trachtenpuppe im Leben der Bevölkerung des Weizackers nun einnimmt. Die gute Stube gleicht fast einer Sakristei. Den Platz der liturgischen Gewänder und Geräte nehmen die durch Vitrinen zum Relikt erhöhten Trachtenpuppen ein.















Weizackerpuppen im Museum

Weizackertrachtenpuppen gelangten relativ früh in Museen. So nennt der Verein der Königlichen Sammlung für Deutsche Volkskunde in Berlin 1913 in der Liste der Schenkungen zwei Eingänge. "Fräulein Fanny Hübner" aus Berlin überließ dem Museum eine "Spielpuppe in der Tracht einer Weizackerin, 1846-50" und "Frau Prof. Elsa Strauss" ebenfalls aus Berlin eine "Weibliche Trachtenpuppe von 1876 aus dem pommerschen Weizacker". (88) Der Führer durch das Museum der Stadt Stettin aus dem Jahr 1924 zählt zu seinen Ausstellungsobjekten im so genannten Weizacker Raum auch eine Trachtenpuppe. (89)

Die Frauen, die ihre Trachtenpuppen an die Museen übergaben, wollten auf diese Weise sichern, dass nach ihrem eigenen Verschwinden die Tracht im Gedächtnis der pommerschen Sozietät verankert blieb. Über die Trachtenpuppe sollten sich Zeitgenossen an Raum und Zeit erinnern und später Geborene mit der Geschichte und der Kultur des Weizackers vertraut gemacht werden. Hier wird deutlich, dass die Trachtenpuppe als materiell vorhandenes didaktisches Lernmittel nachfolgende Generationen an die vergangene Kultur erinnern und heranführen soll.

Neben diesem didaktisch gut nachvollziehbaren Stiftungszweck sei an die eingangs erwähnte magische Konnotation der Puppe erinnert. Vielleicht ging es den Spenderinnen weniger um Kultur und Geschichte als um die vom Museum scheinbar garantierte ewige Präsenz. Die Puppe ermöglicht nicht nur den Fortbestand kultureller Symbole nach dem Ende der sie tragenden Kultur, sie ermöglicht auch ein Weiterleben der Spenderin über ihre eigene Biografie hinaus.

Mit der Translozierung der Trachtenpuppe ins Museum wird aus dem gelebten, aktiven Gedächtnis stillgestellte Geschichte. Nun erinnern sich nicht mehr die Mitglieder einer gesellschaftlichen Schicht, sondern eine Institution. (90) Nach Pierre Nora sind Geschichte und Gedächtnis Gegensätze. Das Gedächtnis sei das Leben, das immer von lebendigen Gruppen getragen werde und deshalb ständig in Entwicklung sei. Hingegen sei die Geschichte die problematische und unvollständige Rekonstruktion dessen, was nicht mehr sei. Das Gedächtnis sei ein stets aktuelles Phänomen, eine in ewiger Gegenwart erlebte Bindung, hingegen sei die Geschichte eine wissenschaftliche Repräsentation der Vergangenheit. Während das Gedächtnis die Erinnerung ins Sakrale rücke, vertreibe die Geschichte sie daraus. (91)

Weizackerpuppen als "Qualitätsmerkmal" und werbestrategische Maßnahme

Ein Dia der Korbacher Serie zeigt einen "Puppenvater" und eine "Puppenmutter" in der Giro-Abteilung der Sparkasse der Kreisstadt Pyritz. (92) Beide Puppen, die männliche links und die weibliche rechts, sind in Vitrinen untergebracht, die den Schalterraum wie Säulen zieren. Kunden und Kundinnen, die ihre Geschäfte in der Bank tätigten, wurden von dem Trachtenpaar in die traute Mitte genommen. Die Bank wirbt mit dem positiv besetzten Image der Tracht. Die Sparkasse setzt die bereits während der Inflationszeit auf 50-Pfennig-Notgeldscheinen gedruckte Tracht dreidimensional ein, um das Vertrauen der Kunden in ihre Institution zu stärken.

Notgeld Notgeld













Erinnerungs- und Werbefunktion laufen hier parallel zueinander. Auch andere Unternehmen im Weizackergebiet nutzten das positive Image der Tracht. So warb die Molkerei-Genossenschaft Pyritz e. G.m.b.H. für Produkte wie Pyritzer Weizacker Brie und Camembert oder Milch mit Abbildungen eines Paares in Weizackertracht. (93)















Die letzten 50 Jahre

Die Herstellung von Puppen in Weizackertracht hat sich in verändertem Kontext an einzelnen Stellen bis heute erhalten. Dabei sind nicht mehr die historischen Stoffe ausschlaggebend, sondern die angenommene Vollständigkeit der Tracht inklusive ihrer Accessoires sowie die sorgfältig ausgeführte textile Handarbeit. Auch heute werden die Trachtenpuppen von Frauen in Wohnzimmern oder in Eingangsbereichen aufgestellt. Hier tritt eine neue Erinnerungsstrategie in den Vordergrund: die Thematisierung der Landschaft, welche die Menschen verlassen mussten. So aktualisieren sie einen doppelten Verlust, den der agrarischen Welt und den einer Landschaft und Kultur, der sich die in den Westen Vertriebenen zugehörig fühlten. Die Trachtenpuppe, wie sie uns heute vor Augen tritt, ist zweifach symbolisch aufgeladen. Vor diesem Hintergrund müssen wir die intensive Beschäftigung mit diesem Idol sehen.

Die Herstellung von Trachtenpuppen wird heute sowohl von regionalen Frauenabteilungen der Pommerschen Landsmannschaft als auch privat von Frauen organisiert. So bietet etwa die auf Bundesebene tätige Ostsee-Akademie in Lübeck-Travemünde Kurse zur Herstellung von Trachten und Trachtenpuppen an und auch die nordrhein-westfälische Frauengruppe der Landsmannschaft Pommern richtete etwa in Bad Meinberg ein Wochenende zur Herstellung von Puppen in pommerschen Trachten aus. Vielleicht sind die heute von den Vertriebenenverbänden angebotenen Kurse zum Herstellen von Trachtenpuppen sowie die privat hergestellten Trachtenpuppen als Versuch zu werten, das historische Wissen in die kollektive Erinnerung zu überführen. (94)

In Schulen wurden in den Nachkriegsjahrzehnten ebenfalls in Kursen und Projekten Trachten für Puppen hergestellt, so etwa in der Staatlichen "Meisterschule für Mode" in Hamburg. Im Dezember 1956 präsentierten die Schülerinnen und Schüler dort in einer kleinen Puppenausstellung in der Schule ihre Ergebnisse zum Thema Trachtenpuppen der Öffentlichkeit. Das von Prof. Maria May durchgeführte Seminar unterstützte tatkräftig Dr. Jahnke, der "Besitzer und Leiter des größten Mode- und Kostümarchivs". (95)

Die Betreuung der Schüler und Schülerinnen durch einen Fachmann macht deutlich, dass auch hier die detailgetreue Konstruktion der Tracht "en miniature" sowie sorgfältig ausgeführte textile Handarbeiten im Vordergrund standen. Über den Grund, warum sich eine Meisterschule für Mode mit pommerschen Trachten auseinander setzte, können wir nur spekulieren. Es liegt jedoch nahe, dass die Leiterin des Seminars biographische Bezüge zu Pommern besaß. Über die Handarbeit sollten die Lernenden an die verlorene Heimat der Lehrerin herangeführt werden, um zu verhindern, dass die Erinnerung mit ihr ausstirbt.

Es ist aber zu bezweifeln, ob die Schüler, die weder einen emotionalen Bezugspunkt zur Tracht noch zu Pommern hatten, wussten, was der Referent des Zeichens Trachtenpuppe ist. Das heißt, dass mit dem Fehlen des Bezugspunktes die Trachtenpuppe für die Schüler kein Erinnerungszeichen mehr ist. Für die Lernenden handelte es sich lediglich um eine handarbeitliche Tätigkeit - damit wäre die Trachtenpuppe kein Erinnerungszeichen, wohl aber ein kunsthandwerkliches Produkt. (96) Unterstellt, dass die Lehrerin tatsächlich aus Pommern stammte, hat sie durch diese Tätigkeit versucht, ihre Erinnerung durch die Beschäftigung mit ihrem Erinnerungszeichen an die nächste Generation derjenigen Gesellschaft weiterzugeben, in die sie übergesiedelt war. Es ist sicher zweifelhaft, ob ihr das gelingen konnte. (97)

Insgesamt zeigen die Beispiele, dass Frauen die Erinnerung an die Tracht und damit die Zeit, in der sie und das Gebiet, in dem sie getragen wurde, wach zu halten versuchen. Ein Grund dafür ist in der Geschichte von Frauen und Puppen zu suchen. Seit ihrer Verwendung als Spielzeug diente die Puppe nahezu ausschließlich der Erziehung von Mädchen zur guten Hausfrau und Mutter. (98) Die Trachtenpuppe ist nicht nur - wie Andrea Geldmacher und Andreas Seim für die hessischen Trachtenpuppen feststellten - ein "doppelt weibliches Objekt ländlicher Kultur", sondern sie ist es in dreifacher Weise: erstens sind die Trachtenpuppe und ihre Bekleidung weiblich, zweitens stellen Frauen die Puppen her und drittens sind es Frauen, die die Puppen in Auftrag geben bzw. kaufen und in die Wohnungen stellen. (99) Die Erinnerung über Trachtenpuppen ist also eine geschlechtsspezifische Strategie zur Bewahrung ehemaliger Lebensformen. Mit dieser Tradition wird auch die Rollenzuweisung an das weiblichen Geschlecht fixiert. Möglicherweise wurde von den Männern die Trauerarbeit über den Verlust des angestammten Milieus den Frauen übertragen, die diese mit dieser kulturellen Handarbeit realisieren.

Trachtenpuppen haben im Laufe von etwa zwei Jahrhunderten einen mnemotechnischen Funktionswandel durchlaufen. Dienten sie Ende des 19. Jahrhunderts dazu, eine Region und ihre Menschen im Gedächtnis der Öffentlichkeit zu verankern, so kam ihnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem die Funktion zu, die Erinnerung an die ´gute, alte, agrarische Zeit´ wach zu halten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kommt mit Vertreibung und Flucht noch die Erinnerung an den Weizacker hinzu, in dem ein Jahrhundert zuvor die Tracht getragen worden war. Auch für die Menschen, die nicht oder nur in den ersten Lebensjahren im Weizacker gelebt haben, ist die Trachtenpuppe ein Erinnerungszeichen an die Landschaft, aus der ihre Familie stammt. (100)



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URL zur Zitation dieses Beitrages: https://www.bkge.de/weizackertracht/8034.html



Anmerkungen

(1) Krafft 1991.

(2) Tosa 1994.

(3) Petri 1990a, Petri 1990b. Ich danke Dr. Gerhard Renda, Historisches Museum Bielefeld, und Marion Petri für die Literaturhinweise.

(4) Geldmacher/Seim 1997.

(5) Stolle 1977, S. 14.

(6) Kerler/Rosemann 1980.

(7) Moritz 2002.

(8) Bachmann/Hansmann 1971.

(9) Siehe Hansmann 1959, S. 63.

(10) Siehe Bachmann/Hansmann 1971, S. 183f. sowie S. 186, Abb. 222.

(11) Nach Leonie von Wilckens stammen die frühesten erhaltenen mit textilen Gewändern bekleideten Puppen aus dem späteren 17. Jahrhundert. Siehe Hansmann 1959, S. 37.

(12) Coleman 1976.

(13) Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 44.

(14) Siehe Bronner 1923, hier S. 333. Nach Auskunft des Jüdischen Museums in Wien gelangten drei Puppenmodelle polnisch-jüdischer Bürgersfrauen des 18. und 19. Jahrhunderts in Sabbattracht im Juli 1920 in das Museum. Sie wurden von Adele von Mises gespendet. Vermutlich hat sich heute nur noch ein Kopf dieser Puppenmodelle erhalten. Ich danke Christa Prokisch für ihre Hilfe. E-Mail von Christa Prokisch, Jüdisches Museum Wien, vom 13.10.03.

(15) Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 44, siehe auch Everts-Grigat 1987, S. 100-102; Vilmar 1904, hier S. 468.

(16) Engel 1983, Titelblatt und rückwärtiger Deckel.

(17) Ebd., rückwärtiger Deckel.

(18) Kanzenbach 1939; Topp 1957. Ich danke Judith Haselroth für ihre Hilfe bei der Durchsicht der Pommerschen Zeitungen.

(19) Siehe Hansmann 1959, S. 19f.

(20) Siehe Hough 1927. S. 10-11 und S. 23.

(21) Brockhaus Enzyklopädie, 15. Band, Wiesbaden 1972, s. v. Puppe, S. 265, siehe auch: Hoffmann 1984, S. 99.

(22) Wodarz 2001, S. 25.

(23) Babypuppen wurden zum ersten Mal in einem größeren Rahmen auf der Londoner Weltausstellung von 1851 der Öffentlichkeit präsentiert. Siehe Hansmann 1959, S. 33.

(24) Untersuchungen von Christine Kerler und Gertrud Rosemann ergaben, dass die meisten der überlieferten Trachtenpuppen aus Biskuit sind. Biskuit ist ein mattes Porzellan, das nach dem ersten Brand einen Farbauftrag erhält und dann ein zweites Mal gebrannt wird, damit sich die Farbe mit dem Untergrund verbindet. Dieses Material wurde von 1870-1930 für Puppenköpfe verwendet. Die Puppenkörper waren zunächst ausgestopft, nach 1880 waren die Gelenkkörper aus Mischmasse. Kerler/Rosemann 1980, S. 148.

(25) Siehe Kerler/Rosemann 1980, S. 12; siehe auch www.doll.at/geschichte/trachtenpuppe.shtml, Stand 10.08.03, Seite 1; Stolle 1977, S.7; Geldmacher/Seim 1997.

(26) Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 41; Petri 1990b und Stolle 1977, S. 14.

(27) Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 49f.

(28) Siehe Kerler/Rosemann 1980, S. 155.

(29) Boehn 1929, S. 206. In Deutschland werden bekleidete Puppen erst ab 1870 fabrikmäßig hergestellt. Über den völkisch-konservativen Stil der Puppenbände von Boehns schreibt Walter Benjamin in seiner Rezension: "Denn der Autor hält ja im übrigen mit seiner Subjektivität so wenig zurück, daß uns aus manchen Stellen statt des süßen Lack- und Moderduftes neuer und alter Puppen der Bierdurst hitlerischer Versammlungslokale entgegenweht. ´Wir wissen alle, an welchen tiefgehenden Schäden unser Volkstum leidet und wer die Schuldigen sind, die ein Interesse ... , das sich in Mark und Pfennigen ausdrücken läßt, daran haben, daß ds deutsche Volk sich nicht auf sich selbst besinne und christliche und deutsche Belange nicht zu Wort kommen.´ Man kennt diese Sprache, wüßte wo sie gesprochen wird, auch wenn einem der Verfasser ´seine Unzufriedenheit´ mit dem Reklamegeschrei und dem Mangel an Geschmack, der für alle Berliner Veranstaltungen so bezeichnend ist, vorenthielte." Benjamin 1984, hier S. 77.

(30) Siehe Kerler/Rosemann 1980, S. 14.

(31) Kreis Schmalkalden.

(32) Naumann 1972; siehe auch Stolle 1977, S. 10. Die Puppen (Braut am Tage der Hochzeit in schwarzer Festkleidung mit der "Flitterkrone", H 55 cm, Inv. Nr. 72 H 3, Braut beim Kirchgang am Sonntag vor der Hochzeit mit rotem Hüftband und Kopfputz ("Raumheid"), H 52 cm, Inv.-Nr. 72 H 4 und Mädchen in Sonntagskleidung in der so genannten "westthüringischen Schurztracht", H 49 cm, Inv.-Nr. 72 H 5), befinden sich im Museum Kassel in der Abteilung Volkskunde. Ich danke Dr. Ulf Leinweber, Museum Kassel, für die freundliche Auskunft. E-Mail vom 24.11.2003.

(33) Siehe Stolle 1977, S. 21.

(34) Siehe Sauermann 1994, S. 129-166 sowie Geldmacher/Seim 1997, S. 53.

(35) Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 42.

(36) Siehe Kerler/Rosemann 1980, S. 14, siehe auch www.doll.at/geschichte/trachtenpuppe.shtml, Stand 10.08.03, Seite 1.

(37) Siehe Stolle 1977, S. 11 sowie Bachmann/Hansmann 1971, S. 184.

(38) Siehe Bachmann/Hansmann 1971, S. 104.

(39) Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 92.

(40) Ich verwende hier die Bezeichnung von Claus Hansmann 1959, S. 183.

(41) Die Formulierungen stammen von Geldmacher/Seim 1997, S. 94.

(42) Brirup 1933, hier S. 164. Wegen ihres nationalsozialistischen Untertons ist Agnes Brirup-Lindemann wenig glaubwürdig. Statt zuverlässiger Zahlen zieht sie zur Begründung heran, die Frauen seien die "Hüterinnen des Lebens", was nicht weit entfernt ist von der "Hüterin der Art" und der "Hüterin der Rasse".

(43) Brirup-Lindemann 1963b, hier S. 182.

(44) Brirup-Lindemann 1963a, S. 153.

(45) Schad 1931, o. S.

(46) Ebd.

(47) Siehe Nora 1990, S. 22.

(48) Ebd., S. 11.

(49) Ebd., S. 17.

(50) Ebd., S. 18.

(51) Siehe Nefzger 1991, hier S. 330.

(52) So der expressionistische Lyriker und Erzähler Theodor Däubler (1876-1934).

(53) Boehn 1929, S. 84. Siehe Bachmann/Hansmann 1971, S. 147f.

(54) Schiebelhuth 1921, hier S. 85 und S. 86.

(55) Siehe Eaton 1976, S. 146.

(56) Ebd., S. 15.

(57) Die Puppen für das Knabenfest stellen Samurai oder Volkshelden aus der japanischen Geschichte dar. Die Puppen werden gemeinsam mit Pferden, Waffen, Rüstungen, Trommeln inszeniert. Siehe Kerler/Rosemann 1980, S. 110.

(58) Siehe Eaton 1976, S. 12.

(59) Nora 1990, S. 22f.

(60) Arendt 1996, S. 113.

(61) Siehe Berghaus 1868, S. 476, siehe auch Holsten 1911b, S. 2.

(62) Siehe Holsten 1911b, S. 2.

(63) Ebd.

(64) Ebd., S. 2f. Hugo Topp behauptet 1957, dass die Weizackertracht noch bis 1945, bis zur Ausweisung durch die Polen, getragen worden wäre. Im Anschluss an diese Behauptung nennt er die 1911 von Holsten eruierten Zahlen, ohne jedoch das Jahr der durchgeführten Untersuchung oder den Autor zu nennen. Siehe Topp 1957.

(65) Nach Auskunft von Elisabeth Schulz war Johannes Kanzenbach Lehrer in Pyritz. Telefonat mit Elisabeth Schulz vom 27.11.03.

(66) Siehe Kanzenbach 1939, S. 19.

(67) Dies können wir auch für Puppen in anderen Landschaften beobachten. Etwa für die Puppen in Schwälmer Tracht, die seit dem Zweiten Weltkrieg nahezu ausschließlich aus umgearbeiteten Stoffen und originalen Einzelteilen abgelegter Trachtenkleidung gefertigt werden. Vermutlich dienten bei den vor 1900 hergestellten Trachtenpuppen wie in Hessen ebenfalls Stoffreste, die bei der Anfertigung von Originaltrachten anfielen. Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 48f. Kanzenbach 1939, S. 19 und S. 26.

(68) Siehe Plessen/Spoerri 1981, S. 8.

(69) Telefonische Auskunft von Elisabeth Schulz am 27.11.03.

(70) Telefonat mit Elisabeth Schulz am 27.11.03.

(71) Siehe Topp 1957.

(72) Siehe Kanzenbach 1939.

(73) Postkarte "Aufnahme und Verlag H. Proeger". Keine weiteren Angaben. Karte im Besitz des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa.

(74) Gespräch mit Elisabeth Schulz am 02.10.2000. Die Puppenübergabe an die Kaiserin wird sowohl 1939 von Johannes Kanzenbach erwähnt als auch nach 1945 wiederholt von der Pommerschen Zeitung. So etwa 1956, hier wird Elisabeth Siede nicht namentlich erwähnt. 1962 erscheint das Photo noch einmal, eingesandt hatte es Elfriede Münter, ehemals aus Torgelow. Hier wird Elisabeth Siede fälschlicherweise als Frau Siegert bezeichnet. Kanzenbach 1939, S. 19, siehe auch Die Pommersche Zeitung, 3. März 1956, S. 12, Jg. 6, Folge 9 sowie Die Pommersche Zeitung, 12. Mai 1962, Jg. 12, S. 8.

(75) Gespräch mit Elisabeth Schulz am 02.10.2000.

(76) In der im Oktober 1931 ins Leben gerufenen NS-Frauenschaft schlossen sich mehrere nationale und nationalsozialistische Frauenverbände zusammen. Die Frauenschaft war die einzige "parteiamtliche" Frauenorganisation der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei). Nachdem die NSDAP im Februar 1933 an die Macht gekommen war, bildete die NS-Frauenschaft die Kerntruppe überzeugter Anhängerinnen des NS-Regimes. Alle anderen nichtsozialistischen Frauenverbände wurden ihr im Zuge der Gleichschaltung eingegliedert. Die Leitung oblag der Reichsfrauenführerin Gertrud Scholtz-Klink. Von den etwa 4 Millionen organisierten Frauen im Reich gehörten 2,3 Millionen der NS-Frauenschaft an. Die Vorbereitung der Frauen auf ihre späteren Aufgaben als Mutter und Hausfrau gehörte zum Schwerpunkt der Frauenorganisation. Dazu gehörten neben der Betreuung des 1934 gegründeten Reichsmütterdienstes, Kurse zur Haushalts- und Gesundheitsführung und Erziehungsfragen ebenso wie eine Einführung in das Brauchtum. NS-Frauenschaft, unter https://www.dhm.de/lemo.html/nazi/innenpolitik/frauen/index.html/, Stand 09.10.03. S. u. https://www.dhm.de/lemo; Innenpolitik; Frauenschaft.

(77) Kanzenbach 1939, S. 19f. Nach Auskunft von Elisabeth Schulz hat ihre Großmutter auch diese Puppen gefertigt. Telefonat mit Elisabeth Schulz am 27.11.03.

(78) Telefonat mit Elisabeth Schulz am 27.11.03.

(79) Gespräch mit Christel Jlow im Februar 2001.

(80) Siehe Topp 1957.

(81) Telefonat mit Elisabeth Schulz am 27.11.03.

(82) Schlafzimmeraugen kamen erstmals 1826 auf. Sie ließen sich zunächst mit einem Draht schließen; später ersetzten kleine, im Kopf angebrachte Bleigewichte den Draht. Im Jahre 1827 kamen die ersten Puppen auf den Markt, die Mama und Papa sagen konnten. Siehe Hansmann 1959, S. 55.

(83) Aufzeichnungen von Käthe Backhaus am 20.03.2001, Heeslingen. Kopie im Besitz der Verfasserin.

(84) Gespräch mit Christel Jlow im Februar 2001.

(85) Elisabeth Schulz vermutet, dass es sich bei der Puppenfamilie um die Puppen ihrer verstorbenen Freundin Annemarie Schulz handelt. Diese habe eine Puppenfamilie in ihrer Wohnung gehabt. Telefonat mit Elisabeth Schulz vom 27.11.03.

(86) Siehe Dias in der Heimatstube Korbach, ohne Inventarnummer. Ich danke der Heimatstube Korbach, vor allem Käthe Backhaus, Friedel Witkowski und Elisabeth Schulz für die Materialeinsicht und Hilfe.

(87) Ähnlich bei Geldmacher/Seim 1997.

(88) Mitteilungen aus dem Verein 1913, S. 67 und S. 97. Nach Auskunft von Dagmar Neuland-Kitzerow wurden die Puppen im Zweiten Weltkrieg vermutlich zerstört. Das heutige Museum Europäischer Kulturen hat keine der Puppen im Bestand. E-Mail von Dagmar Neuland Kitzerow vom 30.10.03.

(89) Siehe Führer durch das Museum 1924, S. 9. Eine Puppe in Weizackertracht befindet sich auch im Museum Korbach (um 1900/1910, Inv. Nr. 02/42/38). Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 35f.

(90) Siehe Nora 1990, S. 11f.

(91) Ebd., S. 12f.

(92) Zu den Dias gibt es eine in Photokopie vorliegende Erläuterung. Hier befindet sich unter der Nummer des Dias 30 der Hinweis, dass die Sparkasse in der Kreisstadt Pyritz im Schalterraum die Puppen ausgestellt hat. Leider fehlen weitere Hinweise auf die Zeit der Aufnahme oder von wem die Aufnahme stammt. Siehe Kopie in der Heimatstube Korbach.

(93) Zur Werbewirksamkeit von Trachten siehe Kerhoff-Hader 1997, S. 57-76, S. 61-63; siehe auch Geldmacher/Seim 1997: "Das Bild vor Augen - Trachtenpuppen werben", S. 95ff.

(94) Von den Puppen werden Postkarten angefertigt, die während der Treffen der Landsmannschaften verkauft werden.

(95) Siehe Pommersches Feuilleton, 22. Dezember 1956, Seite 7.

(96) Hier können noch weitere Beispiele angeführt werden, etwa das 1966 von der Bad Nenndorfer Schule ausgerichtete Projekt, in dem pommersche Stadt- und Landschaften sowie Puppen in pommerscher Tracht hergestellt wurden. Siehe Stettiner Nachrichten, Nr. 2, 17. Jg., Göttingen 1966, S. 13. Darüber hinaus ist die 1953 am Pädagogischen Institut Weilburg/Lahn von Erdmute Käding angefertigte Hausarbeit "Die pommersche Weizackertracht - Dargestellt nach eigenen Erlebnissen und Erzählungen meiner Familie" zu nennen. Um "ein sehr genaues Bild von dem Aussehen und der Herstellung der Weizackertracht und damit gleichzeitig eine Erinnerung an die Tracht meiner Vorfahren zu haben" sei sie "sogar so weit gegangen, die Tracht in allen einzelnen Trachtenstücken selber herzustellen." Sie habe "versucht, sie möglichst getreu nachzubilden, was (ihr) in Ermangelung des geeigneten Materials und wegen der Verkleinerung der einzelnen Trachtenstücke nicht hundertprozentig gelingen konnte." Ebenda, S. 31f.

(97) Dies ist in Bezug auf die Trachtenpuppe der gleiche Vorgang, den wir mit der Bestrebung zur Errichtung eines Vertriebenenmuseums in Berlin beobachten. Weil die erinnernde Sozietät - die aus Pommern nach Westen übergesiedelten Menschen - sich an ihrem Lebensende befinden, versuchen sie, ihre generationenspezifische Erinnerung der Sozietät, in der sie nun leben, einzuprägen.

(98) Siehe Hoffmann 1984.

(99) Siehe Geldmacher/Seim 1997, S. 115ff.

(100) Dass das keine Besonderheit der Weizackertrachtenpuppen ist, zeigen die Untersuchungen von Geldmacher/Seim 1997, S. 82.

Stand: 13.12.2011
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