Bundesadler und Schriftzug: Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa Collage aus Bildern des Bundesinstituts, einer historischen Karte, der Jahrhunderthalle in Breslau/Wrocław, der Immanuel-Kant-Statue in Königsberg/Kaliningrad und den Schriftzügen der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und des Bundesinstituts
 Polnisch | English | Home | Drucken | Seite empfehlen | Kontakt | Sitemap | Impressum
Finden: (Volltextsuche)
BKGE » Weizackertracht » Einführung

Einführung

Kurt Dröge

Pyritzer Weizacker

Der südöstlich von Stettin in Hinterpommern gelegene Weizacker, ein außerordentlich fruchtbarer Landstrich mit einer wohlhabenden bäuerlichen Oberschicht und der Kleinstadt Pyritz als Mittelpunkt und Verwaltungssitz des ehemaligen Landkreises, verfügte bis zum 2. Weltkrieg über eine besondere regionale Kleidungsform, die seit den 1830er Jahren bildlich überliefert ist und als "Tracht des Pyritzer Weizacker" innerhalb der frühen Beschäftigung mit Volkstrachten in Deutschland rasch eine eigene Überlieferungstradition bekam, ohne dass diese bisher einer volkskundlich-historischen Untersuchung unterzogen worden ist.

Seit dem Ende des 2. Weltkriegs gehört der Pyritzer Weizacker zur polnischen Großregion Pomorze Zachodnie (Westpommern), sein zentraler Ort ist nach wie vor das heutige Pyrzyce. Der Umgang mit der Weizackertracht (Strój Pyrzyce) bzw. mit ihren Überlieferungsformen wurde, zu Beginn unter vollkommen veränderten Vorzeichen, von der neuen Bevölkerung und seitens der polnischen Ethnographie wieder aufgegriffen und weitergeführt. Gleichzeitig erfolgten in der Bundesrepublik Deutschland durch Menschen, die aus Pommern geflüchtet oder vertrieben worden waren, intensive Bestrebungen, die Weizackertracht wieder zu beleben und sie unter dem Gesichtspunkt des Heimatverlustes mit neuer Bedeutung und Symbolkraft zu füllen.

Bezug zur Erforschung deutscher Kultur und Geschichte des östlichen Europa

Die Weizackertracht im östlichen Pommern wird allgemein als ein signifikanter, viel beachteter Bestandteil deutscher Volkskultur im östlichen Europa betrachtet und hat im Laufe der Zeit öffentliche, kulturpflegerische und wissenschaftliche Beachtung in unterschiedlicher Hinsicht gefunden. Eine kritische Geschichte der Behandlung der Weizackertracht vor, während und nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland und Polen stellt ein wesentliches Thema im Rahmen der wissenschaftlichen Beschäftigung mit historischen deutschen Kulturformen im östlichen Europa dar. Bei dieser Geschichte der Behandlung der Weizackertracht handelt es sich ganz wesentlich um eine bildwissenschaftliche Erörterung des Umgangs mit der Tracht durch die volkskundliche Sachgutforschung.

Kooperationen

Die Durchführung des Projektes erfolgte in enger Kooperation einer Arbeitsgruppe interessierter VolkskundlerInnen und HistorikerInnen im Fachbereich Volkskunde des BKGE in enger fachlicher und organisatorischer Anbindung an das Fach Textilwissenschaft an der Universität Oldenburg. Die Arbeitsgruppe bezog früh auch weitere externe FachkollegInnen ein, die in wichtigen Kernbereichen eigene Forschungsleistungen eingebracht haben.

Eine enge Zusammenarbeit mit der Ethnographischen Abteilung für Pommern des Muzeum Narodowe w Szczecinie (Nationalmuseum Stettin) war von vornherein unverzichtbar. Die Abteilung beherbergt Reste der ehemaligen Bestände der Weizackertracht aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg, die seitens des Pommerschen Provinzial- bzw. Landesmuseums gesammelt worden waren. Weiterhin existieren einschlägige Einzelbestände, die nach 1945 hinzugesammelt worden sind. Noch wichtiger für das zugrundeliegende Projekt waren die volkskundlichen Dokumentationen (Fotos, Beschreibungen, Zeitungsausschnitte, archivalische und Literaturquellen), die ebenfalls aus der Vorkriegszeit im Stettiner Museum erhalten geblieben sind.

Ziele

Am Beispiel der Tracht im Pyritzer Weizacker soll die "ostdeutsche" Trachtenpflege der letzten etwa 100 Jahre einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Dabei kommt der Ideologisierung, Instrumentalisierung und Stereotypisierung von Tracht, mehr noch von Trachtenpflege und nicht zuletzt von wissenschaftlicher Trachtenkunde eine besondere, exemplarische Bedeutung zu, da die pommersche Weizackertracht nach 1945 nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen eine Art landsmannschaftlicher und darüber hinaus nationaler Vereinnahmung erfahren hat. Das dieser Online-Publikation zugrundeliegende Projekt hinterfragt ethnisch begründete kulturelle Klischees und kulturwissenschaftliche Deutungsmuster auf ihren historischen Gehalt und ihre Effekte im Hinblick auf Bilder von Region, Nation und Geschlecht unter gewandelten Rahmenbedingungen sowie auf regionale Erinnerungskulturen.

Forschungsvorhaben

Im Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit wird die landschaftliche Trachtenpflege gleichgesetzt mit der Existenz historischer regionaler Kleidungsstile. Diese Gleichsetzung erstreckt sich weiterhin nicht selten auch auf die Erhaltung vermeintlich "alter" Trachten auf der einen und deren wissenschaftliche Erforschung auf der anderen Seite.

Angesichts nach wie vor vielfältiger und verbreiteter öffentlicher Förderung von Trachtenpflege im Rahmen einer allgemeinen Kulturpflege oder der so genannten "kulturellen Breitenarbeit" ist weithin unbekannt, dass es sich nach jüngeren kulturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen bei zahlreichen Trachtenerscheinungen um "künstliche" Gebilde handelt, um Konstrukte, die mit den eigentlich gemeinten historischen Kleidungsformen zumeist wenig oder gar nichts zu tun haben.

Untersuchungsergebnisse von volkskundlichen Forschungen haben gezeigt, dass

a) bereits um 1900 im Rahmen der allgemeinen Heimatbewegung eine Trachtenbegeisterung existiert hat, die vielerorts ausgestorbene oder zumindest nahezu verschwundene Formen von Regionalkleidung wieder belebte, in zahlreichen Fällen sogar neu belebte oder gar neu begründete und kreierte,

b) in diese Umformungen von Tracht Bilder von Weiblichkeit und Männlichkeit verwoben sind, die sich um die Jahrhundertwende neu konfigurierten und als substanzieller Bestandteil einer Kultur vor allem der Gegenmoderne ins Verhältnis zu "Heimat" und "Nation" gesetzt wurden,

c) die Trachtenbegeisterung in eine nunmehr hundertjährige "Trachtenpflege" als verbreitetes Phänomen eingemündet ist, die für regionale Identitätsbildungen im Verlauf des gesamten 20. Jahrhunderts instrumentalisiert wurde,

d) die Trachtenerhaltung bereits im Kaiserreich zu einer nationalen Aufgabe erklärt wurde, was zu einer Vereinnahmung nicht nur der Trachten selbst, sondern auch der sich mit ihnen befassenden zeitgenössischen Wissenschaft für "vaterländische" Ziele führte,

e) solche Vereinnahmungen in modifizierter Form durch das ganze 20. Jahrhundert hindurch, in der nationalsozialistischen Zeit sowie in der Nachkriegszeit bis hin zur unmittelbaren Gegenwart, zu verzeichnen sind,

f) Bestrebungen von "Trachtenpflege" seit langem keine "Pflege historischen Kulturguts" darstellen, sondern als eine zeichenhafte und symbolbeladene Stereotypisierung von bestimmten Kulturbildern unter wandelbaren, aber auch direkt vergleichbaren ideologischen Bedingungen, zumindest aber unter kulturpolitisch jeweils klar fassbaren Voraussetzungen gesehen werden müssen,

g) solche Trachtenpflege mit Traditionsbildungen im Rahmen der allgemeinen Alltagskultur breiter Bevölkerungsschichten oft wenig zu tun hat.

"Trachteninseln" in Pommern

Auf dem Gebiet der deutschen Reichsprovinz Pommern existierten bis zum 1. Weltkrieg drei so genannte "Trachteninseln" mit Resten eines regionalspezifischen ländlichen Kleidungsstils: die Mönchguter Tracht auf Rügen, die Weizackertracht bei Pyritz südlich Stettin und die Jamunder Tracht in drei Dörfern um Jamund in Hinterpommern.

Der Mönchguter Tracht wurde aus mehreren Gründen eine nachhaltige Folklorisierung mit überregionaler Wirkung zuteil. Sie war, als klassische Tracht eines maritimen Reliktraumes, bereits früh in ihrer Exotik entdeckt und vom Bürgertum des 19. Jahrhunderts als bodenständiges Kulturgut romantischer Prägung gepflegt, ja glorifiziert worden. Ihre signifikanten, auffälligen Kleidungsformen (Fischerhosen) sowie auch ihre Farbigkeit unterstützten diesen Trend, der kurz nach 1900 wie an vielen weiteren Stellen des Deutschen Reiches zu einer Trachtenbegeisterung führte, die in riesigen Trachtenfesten ihren Ausdruck fand.

Hier hat die touristische Bedeutung der Insel Rügen maßgeblich dazu beigetragen, dass die Mönchguter Tracht als Instrument der Fremdenverkehrswerbung "kultiviert" wurde und in der Selbstdarstellung der Insel Rügen ihren festen Platz erhielt - getragen durch Trachtenvereine, Vorführungen vor Gästen und folkloristische Inszenierungen. Diese "Entdeckung" der Mönchguter Tracht ist von der Berliner Volkskundlerin Gesine Schulz-Berlekamp detailliert beschrieben worden.

Eine solche Bedeutung haben die Weizackertracht und die Jamunder Tracht im östlichen Pommern (Hinterpommern) nicht erlangt. Ihr "Aussterben" zu Beginn des 20. Jahrhunderts vollzog sich eher "in aller Stille". Dennoch sind auch in diesen beiden Regionen in jener Zeit folklorisierende Bestrebungen einer Wiederbelebung und Erhaltung zu verzeichnen gewesen. In den volkskundlich geprägten "Trachtenkunden" Deutschlands wie auch in Sammelbildalben und heimatkundlichen Schulbüchern behielt die Weizackertracht nicht zuletzt aufgrund ihres aus dem 19. Jahrhundert überlieferten Farbenreichtums ihren festen Platz als "reiche deutsche Bauerntracht".

Sowohl die Entstehung und Existenzformen als auch das Verschwinden des regionalen Kleidungsstils der Weizackertracht sind bisher nicht untersucht. Zwei weit zurückliegende volkskundliche Darstellungen besitzen heute eher Quellenwert als Analysecharakter: die "Volkskunde des Weizackers" von Robert Holsten von 1914 und die Dissertation von Walter Borchers über "Volkskunst im Weizacker" aus dem Jahre 1932, gefolgt von einigen weiteren Aufsätzen desselben Autors aus den 30er Jahren zur "pommerschen Trachtenkunde".

Die zentrale Frage nach der gelenkten, öffentlich unterstützten "Erhaltung" der Weizackertracht und ihrer Funktion für die regionale Identitätsbildung und -stabilisierung ist bisher nicht gestellt worden. Dieses Defizit, das im Übrigen in mehreren, in gewisser Weise vergleichbaren historischen deutschen Landschaften im östlichen Europa in ähnlicher Form zu konstatieren ist, erklärt sich im vorliegenden Fall zumindest teilweise dadurch, dass das Gebiet des Weizackers dem polnischen Staat zufiel als Ergebnis des 2. Weltkriegs, die Mönchguter Region dagegen der DDR einverleibt wurde.

Damit blieb das wissenschaftliche Interesse an beiden Kultur- und Trachtengebieten in der Bundesrepublik Deutschland auf ein absolutes Mindestmaß begrenzt; entsprechende Forschungsarbeiten sind nicht zu verzeichnen, jedoch eine intensive, vermeintlich retrospektive trachtenpflegerische Weiterentwicklung in landsmannschaftlichen Kreisen (Volkstanzgruppen, Trachtenpuppen usw.), weitgehend unabhängig vom realen historischen Aussehen der Weizackertracht, von ihrer ehemaligen funktionalen Vielschichtigkeit und symbolhaften Bedeutung im Alltags- und Festleben.

Demgegenüber ist in der DDR und in der Volksrepublik Polen eine parallele Inanspruchnahme von Mönchguter und Weizackertracht zu verzeichnen gewesen. Während die Mönchguter Tracht als eine sozialistische "Arbeiter- und Bauerntracht" ideologisiert wurde, indem sie etwa auf Briefmarken von Arbeiterfestspielen auftauchte, sah sich die Weizackertracht in den 60er Jahren rasch als "alte, wiedergewonnene slawische Kulturform" vom polnischen Staat vereinnahmt. Die polnische Ethnographie bekam, so scheint es, den direkten Auftrag, die Weizackertracht (wie auch die Jamunder Tracht) in den neuen Kulturzusammenhang der Region Pomorze Zachodnie und in die gesamtpolnische "Trachtenlandschaft" zu integrieren sowie möglichst vielgestaltige formale und historische Bezüge zwischen beiden herzustellen.

Damit erfuhr die Weizackertracht, und das macht ihre ganz exemplarische Besonderheit aus, an zwei Stellen eine durchaus nationale Vereinnahmung, deren prozessualer Ablauf zwischen etwa 1950 und 1980 einschließlich der sich hernach vollziehenden Veränderungen bis zur unmittelbaren Gegenwart jedoch noch nicht einmal ansatzweise in den Blick einer kulturwissenschaftlichen Aufarbeitung gekommen ist. Diese Aufarbeitung steht im Zentrum dieser volkskundlichen Online-Veröffentlichung.

Fachwissenschaftlicher Ansatz

Das zugrunde liegende Forschungsprojekt ging methodisch in Überwindung der älteren Ansätze von landschaftlicher "Trachtenkunde" und in bewusster Abgrenzung von ahistorischer, quellenfreier "Trachtenpflege" vom Ansatz einer kritischen Reflexion des Umgangs mit der Weizackertracht als Beispiel für den Umgang mit historisch-ostdeutschen Trachten überhaupt aus. Damit erweist sich das Forschungskonzept als in gleicher Weise sozialwissenschaftlich und historisch sowie auch historiographisch begründet und sieht sich in die kulturwissenschaftliche Stereotypenforschung eingebunden mit zusätzlichen Impulsen durch eine Perspektive der Geschlechterstudien. Der Schwerpunkt liegt auf der historisch-kulturwissenschaftlichen Bekleidungsforschung, die ihren Untersuchungsgegenstand generell als Indikator größerer kultureller Prozesse einordnet.

Als Primärquelle des Projektes diente die reichhaltige Literaturüberlieferung (Volkskunstbände, Aufsätze und Artikel, ethnographisches Schrifttum in Deutschland und Polen). Programmatische Aussagen im Tagesschrifttum und im kulturpolitischen Kontext wurden flankierend ausgewertet. Archivalische Quellen, etwa zu einer direkten staatlichen oder im Einzelfall auch unterbehördlichen Einflussnahme, kamen nur im Einzelfall hinzu.

Eine zweite Quellengruppe bilden Abbildungen, vor allem historische Fotografien mitsamt ihren "Bildwanderungen". Die Abbildungen zeigen auch, welche Bedeutung sich die jeweilige Trachtenpflege im öffentlichen Leben der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme und Kulturgepräge erarbeitet hat. Ein Grundfundus solcher Abbildungen wird an dieser Stelle nach thematischen Gesichtspunkten präsentiert, eine Vielzahl weiterer Bildquellen liegt noch vor und soll nach und nach in kommentierter Form und mit interpretierender Absicht hinzugefügt werden.

Als dritte Quellengruppe sind die überlieferten Trachtenbestände selbst in deutschen und polnischen Museen dokumentiert und ausgewertet worden, die allerdings jeweils kritisch auf ihre Provenienz, ihren Entstehungs- und vor allem Erwerbungszusammenhang sowie auf ihren tatsächlichen Gebrauch in Raum und Zeit überprüft werden mussten.

Mündliche Befragungen von (ehemaligen) TrachtenträgerInnen aus dem Weizacker schieden aufgrund der Zeitdiskrepanz aus. Mehrere Angehörige von Trachtengruppen und -initiativen konnten jedoch im Verlauf des Projektes befragt und in ihrer zum Teil jahrzehntelangen Tätigkeit ausführlich dokumentiert werden.

Forschungsstand

Die fachwissenschaftliche Beschäftigung mit der Tracht im Pyritzer Weizacker ist in der deutschsprachigen Volkskunde mit dem Beginn des 2. Weltkrieges beendet worden. Obgleich dies fast befremdlich klingen mag, musste davon ausgegangen werden, dass im Hinblick auf die konkret zu untersuchende Tracht der Forschungsstand der 30er Jahre dem vorliegenden Projekt zugrunde zu legen war.

In den letzten Jahrzehnten haben sich am Beispiel regionaler Trachten im heutigen deutschen Sprachgebiet zahlreiche Untersuchungen mit dem sozialen und historischen Umfeld von Tracht und mit dem Prozess des Ablegens von Tracht befasst. Zunehmend galt das volkskundliche Interesse der sozialhistorischen Einordnung von Tracht, mehr noch jedoch dem Phänomen der Folklorisierung, deren auch bereits in älterer Zeit vorhandene Bedeutung von der Forschung lange unterschätzt oder falsch eingeschätzt worden ist. Die "künstliche" Trachtenerhaltung einschließlich ihrer Stereotypisierung und Instrumentalisierung ist in den letzten Jahren anhand mehrerer Beispiele von Regionaltrachten im deutschen Sprachgebiet untersucht worden. Dabei kann eine starke Verfeinerung des methodischen Instrumentariums konstatiert werden wie auch eine klare Ausweitung des Quellenspektrums.

Die Übertragung dieses ergebnisreichen aktuellen Forschungsstandes, dessen Kenntnis dem Projekt zugrunde liegt, auf die Erforschung der deutschen Kultur im östlichen Europa hat bisher nicht stattgefunden, denn eine entsprechende Untersuchung zu einem historischen ostdeutschen Trachtengebiet fehlt vollkommen, wenn man von einem einzigen hier zu nennenden Aufsatz von Jörn Barfod über die Neubildung einer "ostpreußischen Tracht" absieht. Eine kritische Reflexion der "ostdeutschen" Trachtenpflege ist darüber hinaus generell als Desiderat zu bezeichnen, nicht nur für das Gebiet des historischen Pommern.

Hinweise zur Gliederung

Die hier in Form von Fachaufsätzen vorgestellten Ergebnisse sollten als vorläufig betrachtet werden, da vielfältiges Quellenmaterial aus dem Projekt noch nicht abschließend bearbeitet werden konnte und in der nächsten Zeit sukzessive in die Darstellung einfließen wird. Dazu gehören insbesondere Abbildungen, deren zusätzliche Analyse einer zukünftigen Vertiefung der Aussagen dienlich sein wird. Die große und im Prinzip unbegrenzte Zahl von Abbildungen bildet neben weiteren Argumenten einen Hauptgrund für die hier gewählte Präsentationsart und Publikationsform.

Dieser Einführung schließt sich ein grundlegender Beitrag von Gitta Böth an insbesondere zu den frühen Trachtenerhebungen im und über den Weizacker. Die knappe Skizze von Ulrich Hägele widmet sich visuellen Konstruktionen erinnernder, aneignender und hegemonialer Art anhand von Fotografien. Danach folgt eine Vorstellung früher Bildquellen zur Weizackertracht in Verbindung mit teilweise zum Klischee erstarrten "Bildwanderungen".

Am Beispiel der Sammlungen des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg stellt Claudia Selheim, weitere Museumsaktivitäten in Berlin und Stettin einbeziehend, intensiv den frühen musealen Umgang mit der Weizackertracht vor. Den Bestrebungen von Heimatpflege und Nationalsozialismus, Trachtenpflege und hernach Trachtenerneuerung statt -erhaltung zu betreiben, geht Jörn Barfod nach. Seinem Beitrag ist eine Dokumentation der Trachtenmappe Pommern angefügt, die in den Jahren 1943 und 1944 von der "Mittelstelle deutsche Tracht" in Innsbruck angelegt worden ist und deren Reproduktionen dem Projekt freundlicherweise vom Tiroler Volkskunstmuseum Innsbruck zur Verfügung gestellt wurden.

Eine zweite große Phase der Museumsüberlieferung steht im Mittelpunkt des Beitrags von Iwona Karwowska, welche die Sammlungen und Bildbestände des heutigen Nationalmuseums Stettin dokumentiert und auswertet. Ihr schließt sich eine Darstellung der Rezeption der Weizackertracht seitens der polnischen Ethnographie und Kulturarbeit von Katinka Seemann an. Trachtenpuppen aus dem und über den Weizacker stehen als sinnstiftende "Erinnerungsstrategien" im Zentrum des Interesses von Bärbel Schmidt. Den im vorliegenden Zusammenhang relevanten Aktivitäten von Trachtenvereinen in Deutschland sind die Ausführungen von Ariane Karbe gewidmet, bevor Britta Kühne den Reigen der thematischen Beiträge mit der Untersuchung einer "Tragebiographie" am konkreten Einzelbeispiel abschließt.

Dank

Jörn Barfod, Gitta Böth, Ulrich Hägele, Iwona Karwowska und Claudia Selheim waren am Projekt mit Beiträgen und vielen guten Ratschlägen als "externe" FachkollegInnen tätig. Ariane Karbe, Britta Kühne, Bärbel Schmidt und Katinka Seemann arbeiteten in den verschiedenen Phasen (und nach vielfältigen Unterbrechungen) innerhalb des Projektes mit, wie auch Karen Ellwanger, die Projektleiterin im Fach Textilwissenschaft der Universität Oldenburg, sowie Edward Rymar, der Archiv- und Museumsleiter in Pyrzyce/Pyritz.

Zahlreiche Gewährspersonen und weitere temporäre MitarbeiterInnen in Deutschland und Polen haben die Recherchen erst möglich gemacht. Stellvertretend für viele, die uns wichtiges und aussagekräftiges Material zur Verfügung stellten, sei Frau Käthe Backhaus genannt, deren aktive Schaffenskraft uns zudem anspornte.

Allen hier Genannten und allen ungenannt Bleibenden danken wir recht herzlich für die freundliche Unterstützung.



Zum Inhaltsverzeichnis



Copyright © 2004 by Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) and the author, all rights reserved. This work may be copied for non-profit educational use if proper credit is given to the author and BKGE.
For other permission, please contact bkge(at)bkge.uni-oldenburg.de

URL zur Zitation dieses Beitrages: https://www.bkge.de/weizackertracht/7650.html

Stand: 31.01.2012
Weizackertracht Logo
Logo des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa